: Kuhhandel in Bonn
Klimapräsident Pronk verbreitet Optimismus. Kanzleramt bereitet individuelle Regelung für Senken vor. Kritik von Umweltverbänden
BONN taz ■ „Wir dürfen die offenen Punkte nicht vermehren“, Jan Pronk öffnet theatralisch die Hände, „wir müssen sie vermindern“, sagt der niederländische Präsident des Klimagipfels und führt seine Hände zusammen, als wollte er Fernrohr zusammenschieben. Nein, es mangelt nicht an pädagogischen Ermahnungen Pronks. Und so gelang es ihm, am ersten Abend der Klimakonferenz die Ministerrunde aus rund 180 Ländern auf eine gemeinsame Grundlage festzulegen.
Ein Entwurf, der nicht mehr ergänzt werden darf. Natürlich enthält er noch haufenweise Alternativvorschläge, Zusätze in Klammern und Platzhalter, wo einmal Zahlen stehen sollen. Zwar gibt es hier und da noch Gemäkel und kleine Verzögerungen. So beklagten sich gestern die Franzosen und Burkina Faso, dass die Texte überwiegend in Englisch verfasst sind. Doch im Großen und Ganzen gelingt es dem Holländer, die Verhandlungen auf die „crunching points“ zu konzentrieren – und Optimismus zu versprühen.
Entscheidend war am gestrigen zweiten Tag die Gründung einer Runde von 35 Ministern, die nun die vielen Klammern eliminieren soll. Damit beginnt der Kuhhandel – jenseits wissenschaftlicher Expertise. Besonders Augenmerk gilt dabei den Japanern, auf die es nach dem Rückzug der USA ankommt. Offenbar hat Regierungschef Koizumi bereits im Telefongespräch mit Kanzler Gerhard Schröder darauf verzichtet, die Ratifizierung von den USA abhängig zu machen. Doch noch immer machen das japanische Außen- und das Industrieministerium Druck gegen eine Ratifizierung. Klar ist bereits, dass sich die Senken nicht mehr aus dem Protokoll verbannen lassen. Damit werden sich Staaten in jedem Fall Waldmanagement und Anpflanzung von Baumplantagen als Klimabonus gutschreiben können. Unklar ist noch, wie stark diese Möglichkeit begrenzt werden soll, ob man also damit sein ganzes Klimaziel erreichen darf oder nur einen Bruchteil. Das Kanzleramt arbeitet nach Informationen der taz bereits an gesonderten Senken für jedes Land – um den Kuhhandel im letzten Moment zum Erfolg zu bringen. Umweltverbände kritisieren das heftig: Das liefe schlicht auf ein Rosinenpicken heraus und verführe die Staaten, weitere Sonderregeln zu verlangen. URB
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