: Bayerische Notare sind Behörden
Bayerns Plan, Homo-Ehen vor dem Notar zu schließen, dürfte mit dem Bundesgesetz vereinbar sein. Dennoch droht der Lesben- und Schwulenverband mit Schadensersatzklagen, da die Sonderregelung frühestens zum Herbst in Kraft treten wird
aus Freiburg CHRISTIAN RATH
Bayern ist sich keiner Schuld bewusst. Nach Meinung der Münchener Staatsregierung verstößt es nicht gegen Bundesrecht, wenn die Homo-Ehe in Bayern vor dem Notar zu schließen ist. Entsprechende Eckpunkte oder sogar schon ein Gesetzentwurf sollen heute im Landeskabinett beraten werden.
Das Lebenspartnerschaftsgesetz des Bundes lässt ausdrücklich offen, vor welcher Behörde homosexuelle Paare sich das Jawort geben dürfen. Im Bundesgesetz heißt es lediglich: „Die Erklärungen werden wirksam, wenn sie vor der zuständigen Behörde erfolgen.“ Rot-Grün hätte zwar gerne das Standesamt als zuständige Behörde festgelegt. Doch ein „Ergänzungsgesetz“ zum Lebenspartnerschaftsgesetz wird von den unionsregierten Ländern im Bundesrat blockiert. Nun kann jedes Land selbst bestimmen.
In Bayern soll allerdings weder das Standesamt noch eine Kommunalbehörde für die Homo-Trauung zuständig sein. Vielmehr will die Staatsregierung diese Aufgabe den rund 560 Notaren des Landes überlassen. „Die Notare in Bayern sind öffentliche Amtsträger“, so ein Sprecher von Innenminister Günther Beckstein (CSU), „und wenn wir ihnen hoheitliche Aufgaben übertragen, sind sie Behörden im Sinne des Gesetzes.“
Auch die bayerische Landesnotarkammer hat kein Problem mit den Münchener Plänen: „In Deutschland gilt ein weiter Behördenbegriff“, sagt Geschäftsführer Hans-Joachim Vollrath und verweist auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus den 60er-Jahren. Damals wurden auch Notare als Behörde anerkannt.
Die Notarkammer weist den Vorwurf des Grünen-Abgeordneten Volker Beck zurück, dass eine Zeremonie beim Notar „wesentlich höhere Kosten“ verursache : „Im Bereich des Ehe- und Familienrechts ist unsere Tätigkeit recht günstig.“ So koste die Beurkundung einer Adoption nur 80 Mark. Die bayerischen Ministerien wollten noch keine Zahlen nennen. Ein Sprecher des Justizministeriums sagte: „Wir werden uns an dem orientieren, was Eheleute auf dem Standesamt zahlen müssen.“ Bayerns Plan war am Wochenende vor allem deshalb kritisiert worden, weil es nicht gewährleisten kann, dass Homopaare schon am 1. August den Bund fürs Leben schließen können. Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) monierte die monatelange Untätigkeit.
Die Verzögerung kann Bayern nun aber nicht mehr aufholen. Laut Landesverfassung ist für Zuständigkeitsregelungen eben ein Gesetz erforderlich. „Wir können deshalb nicht wie andere Länder schnell eine Verordnung der Landesregierung erlassen“, sagte gestern Becksteins Sprecher. Und da der Landtag seine Sommerpause erst Mitte September beende, könne es bis zum Inkrafttreten des Gesetzes schon „Spätherbst“ werden.
Der Lesben- und Schwulenverband Deutschlands droht nun, dass bayerische Paare dann eben in anderen Bundesländern „heiraten“ werden und sich die Reisekosten ihrer Festgesellschaften vom bayerischen Staat erstatten lassen. Vor Schadensersatzklagen hat die Staatsregierung keine Angst. „Es ist doch wohl zumutbar“, so eine Sprecherin, „noch drei Monate zu warten.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen