: Sozis uneins über Stadtautobahn
SPD-Verkehrsexperte und SPD-Verkehrssenator hadern miteinander: Wie viel neue Straßen braucht Berlin? Streckenkürzungen bei Bus und Bahn lehnen beide gemeinsam ab. Enge Kooperation von BVG und S-Bahn soll künftig Kosten sparen
von DIRK HEMPEL
Im Verkehrskonzept der Berliner SPD gibt es für den Straßenverkehr nur wenig Geld: Pläne, die Stadtautobahn A 100 zur Frankfurter Allee zu verlängern, oder die Bundesstraße 101 im Süden der Hauptstadt zu erneuern, sollen aus Kostengründen ad acta gelegt werden.
Das erklärte gestern der Verkehrsexperte der SPD, Christian Gaebler. Die Finanzierung dieser Vorhaben sei schon zu Zeiten der großen Koalition nicht gewährleistet gewesen. Es habe sich nur niemand getraut, dies auszusprechen. „Mittel- und langfristig sollten sich Berlins Autofahrer darauf einstellen, dass die bestehenden Straßen ausreichen müssen“, sagte Gaebler.
Im Hause von Stadtentwicklungssenator und SPD-Chef Peter Strieder sieht man dies anders: Für Bau und Unterhalt von Bundesstraßen oder Autobahnen sei der Bund zuständig. „Der Verwaltungsaufwand in Höhe von 7,50 Mark belastet doch unseren Haushalt nicht“, so Strieders Sprecherin Petra Reetz. Die geplanten Bauvorhaben könne man zwar aus politischen Motiven, nicht aber aus Kostengründen ablehnen. Und im Gegensatz zum SPD-Verkehrspolitiker Gaebler hat der SPD-Senator Strieder dies nicht vor: Die Verlängerung der Stadtautobahn und der Ausbau der Bundesstraße 101 „seien längst beschlossene Sache“, sagte Reetz gestern.
Einig sind sich die beiden Sozialdemokraten hingegen in ihrer Position zum öffentlichen Personennahverkehr: Die Koordination zwischen BVG und S-Bahn solle verbessert, Synergieeffekte genutzt, das Haltestellennetz aufrechterhalten werden. Streckenstillegungen wie sie Hartmut Mehdorn, Chef der Deutschen Bahn AG, zu der auch die Berliner S-Bahn gehört, angekündigt hat, sind für die Hauptstadt-SPD kein Thema.
Im Gegenteil: „Welche Dienstleistung erbracht wird, bestimmt das Land Berlin und nicht ein Unternehmen“, so Gaebler. Seiner Ansicht nach soll die Landesregierung festlegen, „wo eine Tram, wo eine U-Bahn und wo ein Bus fährt“. Das sieht man auch in der Stadtentwicklungsverwaltung so: Auch wo Busse und S-Bahn parallel fahren, soll es laut Sprecherin Reetz keine Streckenstreichungen geben. Häufiges Umsteigen soll den Fahrgästen erspart werden. „Sonst steigen die lieber ins Auto“, so Reetz. Bahnchef Mehdorn und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) diskutieren seit längerem die Zusammenlegung von S-Bahn und BVG.
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