: Artenschutz unter Vorbehalt
Kurzfristige Pachtverträge verhindern naturnahen Bewirtschaftung von Grünland. Der Grund: Starker Verwertungsdruck ■ Von Gernot Knödler
Das regt Harald Köpke richtig auf. „Es gibt einen Bauern, der hat Flächen mit dem höchsten Bestand an Klappertopf und kriegt keine Extensivierungsförderung“, berichtete der BUND-Vorsitzende unlängst bei einem Workshop der GAL zur Ökologisierung der Landwirtschaft. Das Problem: Fördergeld gibt es nur, wenn der Bauer einen Pachtvertrag für mindestens fünf Jahre vorweisen kann. Dem steht die Flächenbevorratungspolitik der Liegenschaft entgegen, die auf diese Weise den ökologischen Umbau der Hamburger Landwirtschaft bremst.
Der Klappertopf ist je nach Variante vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet. Auf den Wiesen des Landwirts hat die Pflanze Köpke zufolge den größten zusammenhängenden Bestand entwickelt, der „je in Deutschland festgestellt worden ist“. Überdies wachse dort eine sehr seltene Weißdornart; und schließlich sind die Weiden im Artenschutzprogramm als Grünland ausgewiesen. Lapidar heißt es dazu in einer Broschüre des Senats: „Die extensive Nutzung ist zu fördern.“
Doch die Liegenschaftsverwaltung kümmert das wenig: Pachtverträge würden in der Regel mit einer Kündigungsfrist von drei oder sechs Monaten zum Jahresende geschlossen, schrieb das Harburger Liegenschaftsamt dem Bauern. Und weiter: „Ich kann Ihnen bescheinigen, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Kündigungsabsichten bestehen.“ Mehr aber auch nicht. Was, angesichts des Artenschutzprogramms, vor 2006 eine Kündigung notwenig machen könnte, weiß nur der Senat.
Die Vorlage mindestens fünf-jähriger Pachtverträge sei eine Forderung der EU, sagt Bernd Meyer, Sprecher der für die Landwirtschaft zuständigen Wirtschaftsbehörde. „Das ist im Einzelfall möglicherweise ein Problem bei planungsbefangenen Flächen“, räumt er ein. Es werde jedoch bereits über Abhilfe verhandelt. Eine Rückzahlung der Förderprämie bei vorfristiger Kündigung könnte ein Ausweg sein.
Trotz dieser Schwierigkeiten werden laut der Umweltbehörde knapp die Hälfte der 6200 Hektar Grünland extensiv bewirtschaftet. Von 400 bis 1400 Mark pro Hektar reichen die Förderprämien. Die Hälfte des Geldes kommt von der EU, der Rest von Bund und Stadt.
Die Förderung soll den Bauern helfen, ihren Beitrag zum Biotopschutz zu leisten. Es sei „eine Strategie zu entwickeln, um mittels einer differenzierten Förderstruktur diese Grünlandbiotope im Einklang mit den landwirtschaftlichen Interessen auszuweiten“, forderte die grün geführte Umweltbehörde auf dem Höhepunkt der BSE-Krise im Januar. Bärbel Höhn, die erfolgreiche grüne Landwirtschaftsmi-nisterin in Nordrhein-Westfalen, sieht das als gute Möglichkeit, die Landwirtschaft allmählich zu ökologisieren. Jetzt muss sich der Senat bloß noch zu einer konsequenten Linie durchringen.
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