Finnischer Tausendsassa

■ Gehört: Jimi Tenor und Orchester beim „nordLAUT“-Festival auf Kampnagel

Imposant ist es, als am Donnerstagabend auf Kampnagel das siebenundzwanzigköpfige Orchester, mit dem Jimi Tenor im Rahmen des „nordLAUT“-Festivals auftrat, mit einem ganz leise beginnenden Cre-scendo den ersten Song einleitet. Alsbald gesellen sich E-Bass, Gitarre und Schlagzeug hinzu und unterlegen den tollen, warmen Sound des Orchesters mit souligem Groove.

Dann betritt Tenor die Bühne. Bescheiden nimmt er den Beifall entgegen und setzt sich an seine Orgel, aus der zunächst kein Ton erklingt. Die herbeieilenden Techniker haben glücklicherweise schnell das rechte Kabel zur Hand und Tenor kann sich seine sichtbare Anspannung vom Leib spielen.

Kaum ist der Opener perfekt und präzise zu Ende gebracht, gibt der Dirigent das Zeichen zum nächsten Song. Tenor greift nun zum Tenor und bläst ein flinkes, gleichzeitig aber entspanntes Saxophon-Solo. Orchester und Band swingen bereits mächtig. Im Publikum kommt wahre Freude auf. Die wird noch gesteigert, als erstmals Tenors charmante Sängerin die Bühne betritt, um gemeinsam mit ihm einen seiner an Prince gemahnenden Soulburner anzustimmen. Kopfnicken im Publikum und auf der Bühne.

Schöne achtzig Minuten, welche die Frage nach E- und U-Musik leichthändig abtun, folgen: Tenor brilliert auf dem Saxophon, der Querflöte und an den Reglern seines Uralt-Synthies, seufzt, stöhnt und singt charmante I-Love-Yous im Falsett. Das Orchester gleitet durch soundtrackhafte Landschaften, mal melancholisch, mal bedrohlich. Ein dem finnischen Absurdistan entsprungener Männerchor – Mieskuoro Huutajat, eigentlich Freitag im Programm – betritt zu dramatischen Klängen die Bühne und brüllt: „Huah!“ Ein „finnischer Salsa“ entpuppt sich als Polka-Techno-Klassik-Crossover und auch ein avantgardistisch-minimalistisches Werk klingt an.

Der Höhepunkt, kurz vor Ende, nochmals ein Duett, zwischen Sängerin und Sänger: „Feeling good inside.“ Genau. Als Zugabe geben die über dreißig MusikerInnen einen „urban one-note Blues“. Danach frenetischer Jubel und Fußgetrampel. Tausendsassa Tenor betritt ein letztes Mal die Bühne, winkt liebenswert zum Abschied und ges-tikuliert: „Sorry, wir haben keine zweite Zugabe.“ Gerd Bauder