: Die Homoehe als purer Verwaltungsakt
Thüringen lässt eingetragene Partnerschaften im ehemaligen NS-Gauforum und heutigen Landesverwaltungsamt in Weimar registrieren. Und das soll auch so bleiben – bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
BERLIN taz ■ Thüringens Innenministerium wollte, anders als Bayern, wenigstens nicht in den Ruf kommen, Bundesgesetze zu sabotieren. Deshalb entschied es auf dem Wege der Eilverordnung, eingetragene Lebenspartnerschaften im Landesverwaltungsamt zu registrieren. Kaum hatte es diese Entscheidung getroffen und den administrativen Akt im Ressort „Hoheitsangelegenheiten und Gefahrenabwehr“ (!) angesiedelt, protestierten vom Gesetz Betroffene. Denn das Landesverwaltungsamt residiert im Haus des NS-Gauforums, in dem bis 1945 die Politik der Nationalsozialisten koordiniert wurde – also auch die zu Homosexuellen, die, wenn sie sich nicht gründlich verstecken konnten, in Konzentrationslagern gefangen gehalten und dort getötet wurden.
Die Kritik an der Örtlichkeit wies das Innenministerium in Erfurt gestern entschieden zurück. Erstens falle der Freistaat damit nicht in die Zeiten „brauner Politik“ zurück. Zweitens aber werde durch die Ablehnung des Ortes die demokratische Entwicklung geleugnet: „Allein ein Gebäude als Diskriminierung zu bezeichnen, ist besonders für die seit zehn Jahren beschäftigte Belegschaft diffamierend.“
Auch „eine Reihe von heutigen Bundesministerien in Berlin“ stünde zur Disposition, wenn diese Kritik zum Maßstab würde, so der Pressesprecher des Thüringer Ministeriums. Ohnehin sei die Aufregung grundlos, denn bis gestern hätten sich erst zehn Paare über die Möglichkeiten informiert, eine Partnerschaft eintragen zu lassen, eine Anfrage darunter sei konkreterer Art gewesen. Dass das geringe Interesse womöglich mit der Thüringer Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz in Karlsruhe zusammenhänge, wurde bestritten.
Ob das Landesverwaltungsamt auch nach dem (vermutlich bejahenden) Spruch des Karlsruher Gerichts in Thüringen der einzige Ort bleibe, an dem homosexuelle Paare sich registrieren lassen können, ist offen.
Möglicherweise werde wie in Hessen die Verantwortung an die kreisfreien Städte und die Landratsämter delegiert. Bis dahin bleibe für Homopaare das Gebäude des früheren NS-Gauforums die Stätte, an der das Jawort ausgesprochen wird. Eine Zeremonie werde, so oder so, damit nicht verbunden werden. Feierlichkeit verbittet man sich in Thüringen, der Abstand zur Ehe müsse gewahrt bleiben: „Das ist eine Registrierung und keine Trauung.“ JAN FEDDERSEN
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