: Alarm in der Kunsthalle
■ Der Ausbruch von Hans-Joachim Bohlmann trifft sich unglücklich mit der Rückführung des Dürer'schen Frauenbads
56 Kunstwerke im Wert von etwa 270 Millionen Mark gehen auf sein Konto: Doch Hans-Joachim Bohlmann (63) ist nicht Maler, sondern Kunstvernichter. Seit gestern Nachmittag ist er wieder auf Tour. Der Ausbruch des 63-Jährigen aus der Nervenklinik Hamburk-Ochsenzoll versetzte die Bremer Kunsthalle in Alarmstimmung.
1998 ist Bohlmann schon einmal aus der Hamburger Psychiatrie ausgebrochen, ein entsprechender Alarmruf der Polizei erreichte die Museen und Kunsthallen. Doch nach zwei Tagen wurde er auf dem Rückweg in die Klinik aufgegriffen – er war von selbst von einer „Urlaubsfahrt nach Berlin und Dresden“ zurückgekommen. Doch nicht alle „Ferienaktivitäten“ Bohlmanns verliefen so harmlos. Auch sein berühmter Dürer-Anschlag 1988 in München war eine Exkursion aus dem Gefängnis. In der Alten Pinakothek verursachte er einen geschätzten Schaden von 180 Millionen Mark, indem er drei Dürer-Gemälde vor den Augen der übrigen Besucher mit einer Champagnerflasche voller Schwefelsäure übergoss. Seit diesem Anschlag gelte sein besonderes Interesse – so die Polizei – der Dürer'schen Kunst. Unpraktischerweise ist die Bremer Kunsthalle just vor Bohlmanns Ausbruch – durch die spektakuläre Rückführung des im Zweiten Weltkrieg verlorengegangenen „Frauenbades“ – als Hüterin von Dürer-Schätzen deutlichst in Erscheinung getreten. Kunsthallen-Sprecher Willy Athenstädt: „Das Zusammentreffen dieser beiden Vorgänge verlangt von der Kunsthalle verstärkte Sicherheitsmaßnahmen.“ Zwei Dürers wurden in Magazin-Verwahrung genommen, das Wachpersonal verstärkt und speziell vor Kunstwerken platziert, die auf Bohlmanns Zerstör-Skala besonders weit oben rangieren könnten: neben den Dürern gilt das auch für Rembrandtwerke.
Nun sollen die Wärter nach einem hünenhaften Rentner mit kahlem Schädel Ausschau halten und alle Säurebeutel sofort konfiszieren. Willy Athenstädt: „Vorsorglich haben wir auch die Restauratoren in erhöhte Bereitschaft versetzt – für Erste-Hilfe-Maßnahmen.“ HB
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