G-8-Prügel jetzt amtlich

Ausschuss des italienischen Parlaments soll Polizeiübergriffe beim Wirtschaftsgipfel in Genua untersuchen. Sachverständige berichten von „grundloser Gewalt“. Autonome wollten Krawall

ROM/BERLIN taz ■ Der Widerstand der Berlusconi-Regierung gegen eine parlamentarische Untersuchung der Ereignisse von Genua ist zusammengebrochen. Zwischen der Rechtskoalition und der Opposition zeichnete sich gestern die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses deutlich ab. Nach neuntägigem Mauern hatte es allerdings erst eines Machtworts des Staatspräsidenten Carlo Azeglio Ciampi bedurft, um die Regierung von ihrer Verweigerungshaltung abzubringen. Er erwarte, dass „volles Licht in die Ereignisse von Genua gebracht“ werde, erklärte Ciampi am Montagabend, und er fügte hinzu, die Aufklärung sei Aufgabe nicht nur der Exekutive und der Justiz, sondern auch des Parlaments.

Gestern legten derweil die drei von Berlusconi nach Genua entsandten Inspektoren, die verschiedene Aspekte des Polizeieinsatzes aufklären sollten, dem Polizeichef Gianni De Gennaro ihre Berichte vor. Anders als tagelang von der Regierung behauptet, kommen auch sie nicht umhin, der Polizei „Irrtümer“ und „Versäumnisse“ vorzuwerfen – ein hübscher Euphemismus für die Gewaltakte. Nach der Einvernahme von Polizisten – nicht aber von Opfern – sowie der Sichtung umfangreichen Bildmaterials kristallisiert sich auch für die Regierungsinspektoren heraus, dass sich Polizeibeamte zahlreicher Übergriffe schuldig machten.

Nach Angaben der Sachverständigen war die nächtliche Razzia in der Schule Armando Diaz in Genua zwar „rechtmäßig“, doch in manchen Momenten sei die „Situation außer Kontrolle“ geraten. Bei den Zusammenstößen auf der Straße habe man ebenfalls „grundlose Gewalt“ seitens der Polizei festgestellt, „nicht so sehr während der Zusammenstöße, sondern kurz danach, auf kaltblütige Weise“.

In einem Gespräch mit der taz erklärten zwei Berliner Autonome: „Wir wollten den Krawall. Wir wollten diesen Gipfel verhindern.“ Dies sei das Ziel von vielen Globalisierungsgegnern gewesen. Zu Gruppen wie Attac, die sich von den militanten Aktionen distanzierten, erklärten beide: „Attac will Reformen, eine Stärkung der Nationalstaaten. Wir stehen nach wie vor für eine grundlegende Umwälzung.“

MICHAEL BRAUN

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