: Windmühlen stören Meister Lampe nicht
Studie: Von Windkraftanlagen gehen keine negativen Einflüsse auf den Lebensraum von Niederwild aus
HANNOVER taz ■ Niederwild lässt sich von Wildmühlenflügeln nicht vertreiben: Reh und Hase, Rotfuchs und Rebhuhn, Fasane und Rabenvögel bleiben von den Maschinen zur umweltfreundlichen Stromerzeugung weitgehend unbeeindruckt. Dies ist das Ergebnis einer Studie zu „Windkraft und Wild“, die ausgerechnet die niedersächsische Landesjägerschaft beim Institut für Wildtierforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover in Auftrag gegeben hatte.
Eine viertel Million Mark kostete die Studie, die die Diplombiologin Claudia Menzel in dreijähriger Forschung in Feld und Flur erarbeitete. Das Geld stellte das Land Niedersachsen aus Mitteln der Jagdforschung zur Verfügung. Das Ergebnis ist nicht das, was der Auftraggeber erwartet hatte. Befürchtungen, die es bei den Jägern gegenüber Windkraftanlagen gebe, hätten sich „in erstaunlicher Weise nicht bewahrheitet“, sagte der Sprecher der niedersächsischen Landesjägerschaft Detlev Kraatz.
Die 34-jährige Diplombiologin Menzel untersuchte die Niederwildbestände um 36 Windkraftanlagen in den Räumen Hannover und Bremen. Einschließlich der windkraftfreien Kontrollgebiete wurden Populationen auf einer Gesamtfläche von 22,3 Quadratkilometern miteinander verglichen. Negative Auswirkungen der Windkraftanlagen auf die Tierbestände – Schattenschlag oder Flügelgeräusch – habe sie dabei nicht nachweisen können, sagte Claudia Menzel. Alles deute daraufhin, dass Windturbinen für die untersuchten Arten eine kalkulierbare Störquelle bedeuteten, „an die sich die Tiere tatsächlich gewöhnen können“.
Gravierende Störwirkungen sind nach den Erkenntnissen auszuschließen. Im Gegenteil: Direkt an den Windkraftanlagen konnte die Wissenschaftlerin sogar mehr Hasen, Rebhühner und Rabenkrähen zählen als in den windturbinenfreien Vergleichsgebieten. Als Erklärung für diesen gänzlich unerwarteten Befund bietet Menzel gleich mehrere Hypothesen an. Die wild wachsende Vegetation an Zufahrtswegen und Fundamenten böte zusätzlich Nahrung und Deckung. Außerdem sei es möglich, dass die Windräder Raubvögel vertrieben, die ansonsten Jagd auf den Nachwuchs machen. Auffallend mehr Feldhasen stellte die Wissenschaftlerin rund um die Windkraftanlagen fest. Einzige mögliche Nebenwirkung für Meister Lampe: Wegen der störenden Geräusche sitzt er häufiger aufrecht und ist deshalb sichtbar. Aber das kann ja nur im der Interesse der Landesjägerschaft sein. JÜRGEN VOGES
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