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Kein Islamunterricht in Berlin

Laut Verfassungsgericht darf die Islamische Föderation Religionsunterricht in Berlin erteilen. Doch der Schulsenat lehnte gestern erneut ab – aus gutem Grund

BERLIN taz ■ Berlins Schulsenator Klaus Böger (SPD) hat dem islamischen Religionsunterricht erneut eine Absage erteilt. Gestern gab die Schulverwaltung bekannt, dass die Unterrichtspläne der Islamischen Föderation Berlin e. V. trotz mehrfacher Änderungen und Gespräche mit Verantwortlichen der als Religionsgemeinschaft anerkannten Föderation nicht dem Landesschulgesetz und den grundgesetzlich verankerten Wertvorstellungen entsprächen.

Schon am Montag hatte der Justiziar der Föderation angekündigt, gerichtlich gegen den Senat von Berlin vorzugehen und beim Verwaltungsgericht Berlin ein Zwangsgeld in Höhe von 200.000 Mark gegen den Schulsenator zu beantragen. Die Föderation beruft sich dabei auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Feburar letzten Jahres. Darin hatten die Richter der Föderation den Status einer Religionsgemeinschaft zugesprochen und den Berliner Senat verpflichtet, den Religionsunterricht „möglichst rasch“ an den Schulen zuzulassen.

Einer erneuten Klage sieht der Senat gelassen entgegen: Als „gegenstandslos“ bezeichnete sie Thomas John, Sprecher von Schulsenator Böger. „Wer solche sinnlosen Drohungen ausstößt, ist offensichtlich noch nicht im Rechtsstaat angekommen“, kommentierte der Sprecher.

Nach dem Berliner Landesschulgesetz sei die Behörde dazu verpflichtet, die Rahmenpläne für den geplanten Unterricht sorgfältig zu prüfen. Trotz wiederholter Aufforderung habe die Föderation ihren Rahmenplan in entscheidenden Punkten nicht verändert. Dort würden „lediglich Glaubensgrundsätze über Gerechtigkeit und Gleichheit postuliert, aber zur Selbstbestimmung von Mann und Frau keine Aussage gemacht“.

Auch in der Frage der freien Entscheidungsbildung der Schüler habe die Islamische Föderation lediglich Absichtserklärungen, aber keine didaktischen Ausführungen gemacht, sagte John. Es bestünden „grundlegende Zweifel, dass ein auf der Grundlage dieses Rahmenplans durchgeführter Religionsunterricht den Anforderungen des Paragrafen 1 des Schulgesetzes, der Verfassung von Berlin und des Grundgesetzes entspricht“, heißt es in der der taz vorliegenden Begründung der Schulverwaltung.

Im Schulsenat wird jetzt geplant, im Rahmen der angestrebten Änderungen des Landesschulgesetzes auch die Kriterien für die Religions- und Glaubensgemeinschaften, die Religionsunterricht anbieten wollen, genauer zu fassen.

Zuletzt war die Islamische Föderation Anfang Juni diesen Jahres über ihre Kontakte zur „Islamischen Gemeinschaft – Milli Görüs“ (IGMG) im diesjährigen Berliner Verfassungsschutzbericht erwähnt worden. Milli Görüs wird darin zu den extremistischen Gruppierungen gezählt. Die Europavertretung des türkischen Islamistenführers Necmettin Erbakan vertritt nach eigenen Angaben rund zehn Prozent der in Deutschland lebenden Türken und hat in der Vergangenheit unter anderem Spendengelder in zweistelliger Millionenhöhe für Erbakans Parteien gesammelt. Den Einfluss der IGMG auf die Islamische Föderation hält der Berliner Innensenat für Besorgnis erregend.

Die stellvertretende Landesvorsitzende der GEW, Sanem Kleff, begrüßte gegenüber der taz die Entscheidung des Schulsenats. Gleichzeitig kritisierte sie, dass der Senat sich in der Vergangenheit nicht politisch mit der Islamischen Föderation auseinander gesetzt und so den jetzigen Streit selbst verursacht habe. Die GEW wünsche sich diese politische Auseinandersetzung. Dafür solle nicht der Umweg über die pädagogischen Inhalte gewählt werden. HEIKE KLEFFNER

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