Der Stammschnösel

Das Gesicht der High Society: Als schleimiger Beau sozialisierte Sky du Mont deutsche TV-Generationen. In Hollywood durfte er sich zuletzt unter der Regie von Stanley Kubrick an Nicole Kidman herancharmieren. Jetzt karikiert er in der Erfolgsklamotte „Der Schuh des Manitu“ sein Playboy-Image

von ANNETTE KILZER

Vor kurzem bekam er ein Drehbuch zugeschickt. Das Angebot für einen Fernsehfilm, wie schon oft. Bloß diesmal mit Konsequenzen. Denn das ZDF hatte vergessen anzugeben, welche Rolle er eigentlich spielen sollte. Was dann gar nicht mehr nötig war. „Ich brauchte nur die ersten Szenen zu lesen, da tauchte er schon auf: der attraktive Mann in den besten Jahren, der an der Reling seiner Jacht steht, versunken aufs Meer hinausblickt und Champagner trinkt.“ Das reichte ihm. Sky du Mont klappte das Skript zu. Nein danke!

Der Mann, der schon in jeder Münchner Nobelvilla, die je als Kulisse für eine „Derrick“ oder „Der Alte“-Folge diente, lässig einen Whiskey an der Hausbar getrunken und die Herren von der Polizei mit vor Sarkasmus triefender Freundlichkeit wie Dienstboten abgekanzelt hat, will das alles nicht mehr. Keine Seidenhalstücher, eingestickte Monogramme und handgenähte Reitstiefel. Will nicht mehr lässig mit den Jaguarschlüsseln klimpern, wenn ihn im Tennisklub die jungen Dinger anhimmeln, und auch keine Gattinnen mehr, die ihre schwachen Nerven wie ein Statussymbol pflegen. Schluss damit! „Wenn ich vor der Kamera noch einmal einen blauen Blazer mit Goldknöpfen tragen soll, dann kotz ich!“ So ein Kraftausdruck gehört eigentlich nicht zum Repertoire, klingt wie eine trotzige, noch ein wenig ungelenke Demonstration. Als wolle er nicht nur die schnieken Stereotypen, sondern auch jede Noblesse loswerden. Es nützt aber alles nichts: Er kann in seiner wohltemperierten Stimme weder die Erziehung im Schweizer Internat unterdrücken noch – das schreibe ich in absoluter Unkenntnis seiner realen Ansprüche – das unerschütterliche Selbstbewusstsein, für ein Leben in Luxus geboren zu sein.

Sky du Monts Begründung, warum er so lange den paradigmatischen Schmierlappen gespielt hat – vom Freitagabendkrimi bis zu Stanley Kubricks „Eyes Wide Shut“ – ist ebenso sympathisch wie klassisch schlicht: „Ich brauchte das Geld.“ Dabei basiert gerade auf diesem Rollenklischee der ganze Hype, der ihn gerade umbrodelt und der von Leuten gezündet wird, die weder in Gala noch in der Bunten gelesen haben, dass er als Sohn deutscher Eltern in Buenos Aires geboren wurde. Die nicht in den Klatschspalten mitverfolgt haben, wie seine dritte Frau, Cosima von Borsody, die Trennung von ihm mit Malen zu verarbeiten suchte und dass der 51-Jährige inzwischen mit der gut 20 Jahre jüngeren Mirja, manchem vielleicht bekannt als Playmate des Jahres 2000, verheiratet ist. Aber sie dürften auch diese Informationen nicht uninteressant finden, weil du Mont damit ein neckisch-verruchtes, kosmopolitisches Playboy-Image bekommt.

Freunde und Kollegen, die über jeden Boulevardverdacht erhaben sind, gestanden denn auch ganz offen ihren Neid wegen des Interviews, erwünschten einen detailierten Report darüber, was er trank und was er trug. Denn du Mont ist nicht Trash, sondern schick. Immerhin, die Location war perfekt gewählt: Mit den Stüfchen, Zimmerbrunnen und einem Chrom-Overkill ist das Foyer des Hilton von wahrem Luxus so weit entfernt wie das Kottbusser Tor, aber der Klang der Hotelkette verheißt noch immer Jetset und Weltläufigkeit. Da hätte du Mont ein Schampus durchaus gut gestanden, doch er blieb bei Cola light. Und gab sich auch in der Kleidung bewusst casual, mit Kordhose und einem Bären-T-Shirt, das seine viermonatige Tochter als Babyhemdchen hat. Was er oft betont.

Du Mont liegt viel daran, zu zeigen, dass er ein Mensch ist wie du und ich, kein Snob. Manchmal will man ihn fast beruhigen, so wichtig ist es ihm. Gibt es so was wie Coolness im falschen Bewusstsein? Denn du Mont genießt ganz offensichtlich, dass er neue, jüngere Fans gefunden hat. Dass MTV ihn gleich in zwei Sendungen interviewt und dass er dazwischen nicht Stoff für den neuesten Münchner Highsociety-Klatsch abgeben soll, sondern man ihn ernsthaft zu seiner Arbeit befragt. Natürlich, der Anlass ist die deutsche Westernklamotte „Der Schuh des Manitu“, die inzwischen mit mehr als zwei Millionen Zuschauern protzen kann. Wie er da bei seinem erstem Auftritt in Zeitlupe aus dem Schatten ins Sonnenlicht tritt und den Kopf mit der Sonnenbrille hebt. Wie er die schwarzen Sporen klirren lässt und sich ein Zigarillo anzündet. Aber die mitreißende Selbstironie, die er beim Steptanz an den Tag legt, oder die Attitüde eines Herbergsvaters, mit der er seine hartgesottenen Gangster daran erinnert, vorm Ausritt alle noch mal aufs Klo zu gehen, funktioniert ja nur, weil sie das Image des schnöseligen „Derrick“-Beaus konterkariert.

Eine Rolle, die er ja auch in Kubricks „Eyes Wide Shut“ spielte, in dem er Nicole Kidman aufs Allerschleimigste ancharmeurt. Kubrick hat ihn gar nicht wesentlich anders in Szene gesetzt als die Hausregisseure des ZDF, mit viel mehr Zeit natürlich und schon deswegen pointierter. Aber im Grunde ist es allein der Wechsel auf die Leinwand, der alle Gesten wie unter einer Lupe vergrößert. Die verführerischen Posen und Blicke, die deutsche Serienautoren als romantisch und unwiderstehlich definieren, werden so gnadenlos als schmieriges Kalkül entlarvt. Stoisch absolvierte er damals Talkshow nach Talkshow, wohl wissend, dass die tratschige Alida Gundlach sich nicht für ihn, sondern nur juicy details über Tom und Nicole interessierte. Kubrick habe ihn veredelt, sagte er. Vor allem aber offenbarte der Film vielen endlich den Namen von dem Typen, der ihre frühpubertäre Fernsehabende prägte.

Nicht, dass es früher meine vordringlichste Aufgabe gewesen wäre, aber wenn ich mich mit jemandem über Sky du Mont unterhalten wollte, erntete ich nur Schulterzucken. Dabei kannten sie ihn alle. Denn bevor man so alt war, freitags auszugehen, saß man mit Familie oder Oma vor der Mattscheibe. Der Freitagskrimi markiert so was wie eine kollektive Erinnerung und bestimmte unsere Generation genau wie Playmobil oder die Neue Deutsche Welle.

Kann ihm ein Imagewechsel überhaupt gelingen? Mit dem Fernsehen ist das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit auf seiner primitivsten Stufe angekommen, der unerbittlichen Wiederholung alter Serien. Da wird Sky du Mont trotz neuer Ambitionen auch weiterhin den Bonvivant geben. Und die nächsten Generationen von Kids TV-sozialisieren.