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Österreich bremst Immigration

Die Koalitionsregierung in Wien senkt die Quoten für Zuwanderung und Familienzusammenführung. Den Interessen der Wirtschaft entspricht das nicht, denn es fehlen Facharbeiter. Nur Saisonarbeiter fallen nicht unter die Quote

aus Wien RALF LEONHARD

Es steht im Koalitionsvertrag von ÖVP und FPÖ: Die Quote für Zuwanderung soll sukzessive heruntergeschraubt werden. So war das Ergebnis einer Sitzung des Sonderministerrats zum Thema Quotenregelung, zu dem die Regierungsmitglieder am Montag zusammentrafen, wenig überraschend. Statt bisher 8.518 sollen im Jahr 2002 nur mehr 8.300 Neuzuwanderer nach Österreich gelassen werden. Damit haben sich einmal mehr Jörg Haiders Freiheitliche durchgesetzt, die das Ziel Nullzuwanderung gegen alle Gebote demografischer und wirtschaftlicher Vernunft noch nicht aufgegeben haben.

„Familienfest“ steht auf den überall geklebten Propagandaplakaten der ÖVP, die sich gerne als christliche Familienpartei darstellt. Dieses Prinzip dürfte allerdings nur für Inländer gelten, denn die Quote für Familiennachzug wurde für kommendes Jahr um 200 abgesenkt. Fast 12.000 Anträge auf Nachzug von Angehörigen in Österreich lebender Ausländer warten auf Erledigung. Österreich ist nicht nur das einzige Land in der EU, das die Familienvereinigung quotiert, es lässt sich auch besonders lange Zeit. Je nach Bundesland muss man mit zwei bis acht Jahren Wartezeit rechnen, besonders lang in Kärnten, das von Jörg Haider regiert wird. „Die Regierung verweigert hartnäckig das Recht auf Einheit des Familienlebens“, klagt der Wiener Caritas-Chef Michael Landau.

Aber auch der Ruf der Wirtschaft nach flexiblerer Handhabung von Aufenthaltsgenehmigungen verhallt weitgehend ungehört. Zwar wird die Quote für so genannte Schlüsselkräfte (bisher Führungs- und Spezialkräfte) von 1.613 auf 2.400 (zu Lasten der Familienquote) aufgestockt. Doch liegt der Bedarf weit höher. Wirtschaftsprognosen sprechen bei gleichbleibender Konjunktur von 165.000 Fachkräften, die bis 2005 fehlen werden. Selbst bei Mobilisierung von Frauen und Arbeitslosen sowie Erhöhung des Pensionsalters bliebe noch ein Defizit von 35.000. Christoph Leitl, der Präsident der Wirtschaftskammer, selbst ein ÖVP-Mann, kann seine Partei nicht verstehen: „Wir müssen uns entscheiden, ob wir Facharbeiter importieren oder Arbeitsplätze exportieren wollen.“

Kein Wunder, dass auch die Sozialdemokraten, die einst als Regierungspartei die Quotierung des Ausländerzuzugs einführten, ihr Herz für die Wirtschaft entdecken. SPÖ-Parteichef Alfred Gusenbauer sprach von einem „Tohuwabohu der Sonderklasse“ und machte die FPÖ, die populistische Signale senden wolle, verantwortlich. Ein Vorstoß der Grünen, den Aufenthaltsstatus der illegal in Österreich lebenden Ausländer zu legalisieren, wurde nicht einmal diskutiert. Viele dieser Menschen sind längst integriert und wollen legal arbeiten.

Nicht unter die Quote fallen 8.000 Saisonarbeiter, die nur für sechs Monate ins Land gelassen werden, und 7.000 Erntehelfer, die aus einem Nachbarland über die Grenze pendeln. Die meisten Menschen mit fremdem Pass kommen aber nach wie vor durch Heirat zu einer Aufenthaltsgenehmigung.

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