piwik no script img

Migration: „Schily schafft Zwei-Klassen-Recht“

Ralf Fücks, Mitglied der unabhängigen Süssmuth-Kommission, übt scharfe Kritik am Gesetzentwurf des Innenministers für eine Zuwanderung. Nur wohlklingende Botschaften

BERLIN taz ■ Erstmals hat mit Ralf Fücks ein Mitglied der Süssmuth-Kommission mit deutlichen Worten den jüngst vorgelegten Entwurf für ein Zuwanderungsgesetz kritisiert.

Hinter „wohlklingenden großen Botschaften“ verberge die Vorlage aus dem Hause des Bundesinnenministers Otto Schily eine „Reihe von kleinlichen Regelungen vor allem im Bereich des humanitären Flüchtlingsrechts und des Aufenthaltsrechts“, schreibt der frühere Bremer Senator (Grüne) in der taz. Trotz einer Reihe rechtssystematischer und praktischer Verbesserungen schürt nach Ansicht Fücks’ der Entwurf die Illusion, mit der Verschärfung repressiver Maßnahmen Zuwanderung steuern zu können. Eine „soziale Selektion“ werde im Aufenthaltsrecht eingeführt, so Fücks: „Hochqualifizierte können ein sofortiges (unbefristetes) Niederlassungsrecht erhalten, während das Fußvolk der Arbeitsmigranten auf eine befristete Aufenthaltserlaubnis verwiesen bleibt, die sogar bei einer Änderung der Arbeitsmarktlage vorzeitig widerrufen werden kann.“

Auf deutliche Ablehnung stoßen bei Fücks auch Überlegungen des Bundesinnenministeriums, das Nachzugsalter für Kinder drastisch von 16 auf 12 Jahre zu senken. Lediglich Kinder von Höchstqualifizierten sollen bis zum Alter von 18 Jahren nachfolgen dürfen. Damit werde ein „nach sozialen Grenzlinien verlaufendes Zwei-Klassen-Recht“ in der Migrationspolitik eingeführt. Auch die Regelungen zum Niederlassungsrecht werden vom Leiter der Grünen-nahen Böll-Stiftung in Berlin abgelehnt.

Fücks war zusammen mit 20 weiteren Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im Sommer vergangenen Jahres von Schily in die von der CDU-Politikerin Süssmuth geleitete unabhängige Zuwanderunderungskommission berufen worden. Sie hatte ihre Ergebnisse Anfang Juli vorgestellt; rund einen Monat später folgte Bundesinnenminister Schily mit seinem eigenen Entwurf. SEV

meinung SEITE 12

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen