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Saugvariationen

Erster Teil der Serie „Schöner Sommer“: Die Welt der kosmetischen Chirurgie  ■ Von David Böcking

Wenn das Frühjahr naht, die Sommerferien schon in der Ferne winken, ist es ja so: Entweder man macht sich wieder gute Vorsätze für die Bikinifigur oder den Waschbrettbauch. Und kauft für 425,70 Mark endlich das „Total-Gym“-Ding, mit dem Chuck Norris im Teleshop immer so stoisch seinen Körper stählt. Oder aber man inves-tiert noch etwas mehr Geld, verkürzt den Urlaub eventuell ein wenig, hat den Erfolg dann aber auch garantiert.

Schon ab 3500 Mark saugt zum Beispiel die Hamburger Collegium-Klinik den blöden Winterspeck einfach weg, und zwar in exklusiver Atmosphäre gleich neben dem Hotel Vier Jahreszeiten. Dass es dort einen gewissen Sommer-Saug-Boom gibt, bestätigt Dr. Ulrike Kleinert, Chirurgin im Collegium. „Ab Mai bis zur Haupturlaubszeit“ bemerke sie eine verstärkte Nachfrage, außerdem würden dann häufiger Krampfadern verödet und Brüste „aufgebaut“. Letztere, erläutert Collegium auf seiner Homepage im Internet, mussten „sich im Laufe der Zeit vielen Wandlungen unterziehen“. „Klein ist out“ heißt es nicht zuletzt „auch durch den Druck der Bildmedien“. Mit diesem Druck lässt man die Armen aber hier zum Glück nicht allein, ab 9000 Mark muss auch „erschlafft nach der Schwangerschaft nicht mehr sein“. Kostenlos gibt es praktische Tabellen zum Planen dazu, damit nicht etwa noch hässliche Wunden den Ferienspaß trüben. So ist man schon zehn Tage nach dem Fettabsaugen wieder „gesell-schaftsfähig“, „saunafähig“ nach drei Wochen. Den neuen Busen sollte frau dagegen erst nach vier Wochen in die Sauna tragen, dafür kann sie sich aber schon nach einer Woche wieder in der Society blicken lassen.

Wer es noch ein bisschen exklusiver mag, der lässt nicht vor dem, sondern im Urlaub operieren: „Skalpell-Tourismus“ heißt laut SPIEGEL-Online der neueste Urlaubstrend aus Südafrika. Vor allem den Amis werden dort bisher diskret die Ohren angelegt und ihre Wampen geschrumpft, bevor sie dann aerodynamisch auf Safari gehen können. Und das alles zu einem Drittel der US-Kosten und „qualitativ unglaublich toll“, wie Corrine Tiberti aus Las Vegas flötet.

Wer lieber bei deutscher Wertarbeit bleibt, kann auch in der „Blankeneser Privatklinik“ ein bisschen sparen und anschließend ein „positives Lebensgefühl“ verspüren, „das sich auch auf ihre Umwelt und Mitmenschen auswirkt“. Da gibt es nämlich ein Kombiangebot bei dem „zum Beispiel Oberbauch, Unterbauch, Hüften“ für 4150 Euro gemeinsam ihr Fett weg bekommen. Das sind immerhin 3650 Euro weniger, als wenn die Problemzönchen alle eine exklusive Sonderbehandlung erhielten. Wem solche Summen trotzdem die Zornesfalten ins Gesicht treiben, der lege einfach 900 Euro drauf - dann sind auch die wieder weg. Spötter dagegen werden zum gleichen Preis auch ihre Lachfalten wieder los, inklusive Nachsorge. Und wer jetzt immer noch schmollt, soll sich wenigstens für schlappe 175 Euro die Bikinizone enthaaren lassen!

Auch in der Klinik Pöseldorf am Mittelweg lassen sich Hanseaten wieder stilvoll zurechtstraffen. Ihr ärztlicher Direktor, Doktor Thomas Jansen, kennt ebenfalls eine „saisonale Variation“ in seinem Hause. Von März bis Mai sei alles gefragt, „was mit der Figur zu tun hat“, nach dem Sommer kümmere sich die Kundschaft dann eher um das Gesicht.

Auf die Idee, zum Sommer auch spezielle Angebote zu machen, so eine Art Schönheits-SSV, sei er aber noch nicht gekommen. Und, so Jansen lachend, „das neue Rabattgesetz gilt bei uns auch nicht“. Aber man werde darüber nachdenken. Wär doch mal was: „Ich nehm vier Kilo und das fünfte saugen Sie gratis!“

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