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Kenias Korruption überwuchert die Politik

Parlament stimmt gegen Wiedereinrichtung einer Antikorruptionsbehörde und verhindert damit Wiederaufnahme der IWF-Kreditauszahlungen

BERLIN taz ■ Aus dem Alltag des kenianischen Staates: Der staatliche Sozialhilfefonds verliert umgerechnet 60 Millionen Dollar bei dubiosen Immobiliengeschäften. Die staatliche Pipelinebehörde zahlt für eine Straßenreparatur 10.000 Dollar pro Meter. Das staatliche Kenyatta-Hospital zahlt über 8 Millionen Dollar in eine Bank ein, die wenig später liquidiert wird. Solche Geschichten stehen im jüngsten Korruptionsbericht einer Parlamentskommission über die Jahre 1996-98. Der Bericht wurde Kenias Abgeordneten am Mittwoch vorgelegt – genau in dem Moment, als sie gegen die Wiedereinrichtung der staatlichen Antikorruptionsbehörde KACA stimmten.

Das Votum gegen die KACA macht Chancen zunichte, dass Kenias Regierung doch noch die letzten 20 Millionen Dollar eines Kredits des Internationalen Währungsfonds (IWF) bekommt. Insgesamt, so warnte Präsident Daniel arap Moi vor der Abstimmung, lässt sich Kenia durch das negative Votum Auslandshilfen von 317 Millionen Dollar entgehen. Die Wiedereinrichtung der KACA ist eine der Bedingungen der internationalen Geldgeber für Zusammenarbeit mit Kenia.

Seit zehn Jahren streitet sich die Regierung Moi in Kenia mit Geldgebern um die Frage, welche politischen Bedingungen erfüllt werden müssen, damit das Ausland die Löcher im kenianischen Staatshaushalt füllt. Die KACA, ein Untersuchungsgremium für Korruptionsaffären mit Sondervollmachten, entstand 1997, nachdem IWF und Weltbank wegen der Nichtaufklärung von Korruptionsvorwürfen ihre Hilfen eingefroren hatten. In Reaktion richtete die Regierung die KACA ein, die in insgesamt 132 Fällen Ermittlungen aufnahm. Im Sommer 1999 ernannte Präsident Moi den weißen Oppositionellen Richard Leakey zum Sonderbeauftragten für die Reform der korrupten Beamtenschaft. Im Juli 2000 verkündete der IWF, Kenia sei wieder kreditwürdig, und begann mit der Auszahlung von 195 Millionen Dollar.

Doch im Dezember 2000 geschahen in Kenia zwei Dinge, die den IWF ärgerten: Die Teilprivatisierung der staatlichen Telefongesellschaft Telkom Kenya wurde gestoppt, nachdem die Regierung aus unerfindlichen Gründen das von einem südafrikanisch geführten Konsortium unterbreitete Höchstgebot von 310 Millionen Dollar ablehnte. Und kurz vor Weihnachten erklärte Kenias Oberstes Gericht die Antikorruptionsbehörde KACA für verfassungswidrig.

Daraufhin fror der IWF seine Zahlungen wieder ein. In Reaktion entließ Präsident Moi den Beamtensanierer Richard Leakey unter dem Verdacht, er habe mit den Geldgebern eigenmächtig zusätzliche Konditionen für die Auslandshilfe ausgehandelt. Zugleich verkündete Moi seine Absicht, die KACA per Verfassungsänderung wieder ins Leben zu rufen.

Diese Verfassungsänderung wurde jetzt im Parlament gekippt – mit den Stimmen der Opposition. Die nämlich wollte unter keinen Umständen einen Präzedenzfall schaffen. Sie fürchtet, dass Präsident Moi als nächstes das kenianische Grundgesetz so umschreibt, dass er bei den nächsten Wahlen Ende 2002 erneut kandidieren kann.

Das ist typisch dafür, wie sich Kenias Politiker parteipolitische Manöver leisten, während das Land vor die Hunde geht. Letztes Jahr schrumpfte Kenias Wirtschaft um 0,3 Prozent. Strom-, Wasser- und Telefonnetze werden immer schlechter, die Abwanderung ausländischer Investoren nimmt dramatische Ausmaße an. Anfang August veröffentlichte die UNO einen Hilfsappell, um 3,1 Millionen Kenianern Hungerhilfe zu liefern.

DOMINIC JOHNSON

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