: Rio-Staaten fordern Hilfe für Argentinien
Lateinamerikagipfel befürchtet Ausweitung der Krise. Bei der Lösungssuche will US-Präsident Bush helfen
BUENOS AIRES taz ■ Offiziell stand sie gar nicht auf der Tagesordnung. Dennoch bestimmte die Finanzkrise in Argentinien die Diskussionen der 19 Präsidenten der Rio-Gruppe, die am Wochenende in der chilenischen Hauptstadt Santiago zu ihrem Gipfel zusammenkamen.
Die Gefahr, dass sich die Krise der drittgrößtenWirtschaftskraft in Lateinamerika ausweitet, ist nicht gebannt. Seit einer Woche verhandeln hochrangige argentinische Regierungsbeamte mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington über einen Kredit von 6 bis 9 Milliarden Dollar. Aber ein konkretes Ergebnis gibt es noch nicht. Vor allem die USA stehen einer erneuten Finanzhilfe für Argentinien skeptisch gegenüber: Seit drei Jahren steckt das Land in der Rezession, die Staatsschulden betragen inzwischen bereits knapp 130 Milliarden US-Dollar.
So sahen sich der chilenische Präsident Ricardo Lagos und sein mexikanischer Kollege Vincente Fox genötigt, dringende Hilfe anzumahnen. „Wir rufen die internationale Gemeinschaft dazu auf, schnell und effektiv bei der Lösung der argentinischen Probleme zu helfen“, sagten sie. In einem Telefongespräch mit Lagos während des Gipfels soll auch US-Präsident George W. Bush versprochen haben, nach einem nachhaltigen Weg aus der Argentinienkrise zu suchen.
In ihrer Abschlusserklärung warnen die Rio-Staaten vor den Folgen der Finanzkrise für den Kontinent und bitten um schnelle Hilfe. Gleichzeitig loben sie die Anstrengungen der Regierung in Buenos Aires, die Krise zu bewältigen. Ende Juni hatte der argentinische Senat das so genannte Null-Defizit-Gesetz verabschiedet, das die Staatsausgaben dem Schuldendienst unterordnet. Zugleich wandten sich die versammelten Präsidenten an die Adresse der wichtigsten Wirtschaftsstaaten G 8 und verlangten Schuldenerleichterungen für mehrere Länder Lateinamerikas.
Denn nicht nur Argentinien steckt in Schwierigkeiten. So wird sich das Wachstum in Brasilien, das die stärkste Wirtschaft des Kontinents ist, in diesem Jahr um ein Prozent verlangsamen. Und in Mexiko sieht man angesichts der Flaute der US-Ökonomie in diesem Jahr einem Stillstand entgegen. Vor diesem Hintergrund sprach sich die Rio-Gruppe dafür aus, die Rüstungsausgaben zu senken und das Geld für wirtschaftliche und soziale Entwicklung auszugeben.
Als Hauptursache für die ökonomischen Probleme bezeichnete Gastgeber Lagos die internationale Finanzarchitektur, auf die die sehr anfälligen Ökonomien Lateinamerikas zu wenig Einfluss hätten. „Wir beobachten nur, was außerhalb unserer Länder geschieht. Aber die Auswirkungen des Systems treffen uns an unserer wichtigsten Stelle“, so Lagos. Er forderte, bei dem Prozess der Globalisierung soziale Folgen und das Prinzip der Gleichberechtigung stärker zu berücksichtigen. Dazu müssten sich die lateinamerikanischen Staaten bei den WTO-Runden zusammenschließen und „mit einer Stimme sprechen“.
Die Rio-Gruppe wurde 1986 gegründet, um die militärischen Konflikte in den Ländern Zentralamerikas in den 80er-Jahren zu schlichten. Sie entwickelte sich immer stärker zu einem Forum, das sich zur Aufgabe macht, den Dialog und die Zusammenarbeit in Lateinamerika zu fördern. Ihr gehören alle lateinamerikanischen Länder und Guyana als Vertreter für den Karibikraum an. INGO MALCHER
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