Frank Steffel ist kein Dauerausscheider

Der CDU-Spitzenkandidat spendete Blut in der Charité und bestand erfolgreich die nötigen Voruntersuchungen

Die Einladung lässt das Schlimmste befürchten. „Die Charité wurde im Jahr 1710 von Friedrich I. als Quarantänehaus für die drohende Pestepidemie errichtet, dann aber zur Unterbringung Kranker und Gebrechlicher sowie als Arbeitshaus für Bettler und Vagabunden genutzt.“ Steht es so schlecht um die CDU? Warum die PR-Agentur Publicis, die den Wahlkampf des CDU-Spitzenkandidaten Dr. Frank Steffel betreut, diese Information ihrer Einladung vorangestellt hat, einer Blutspende ihres Schützlings in der besagten Örtlichkeit beizuwohnen, wird wohl für immer im Dunkeln bleiben. Fest steht dagegen, dass Steffel im Wahlkampf Blut sehen will.

Genauer gesagt: 450 Milliliter. So viel lässt sich der CDU-Spitzenkandidat, bei seinen Anhängern auch bekannt als „der Mann, dem die Frauen vertrauen“, an diesem Montag aus den Venen pumpen. Zuvor aber muss Steffel pflichtgemäß die Voruntersuchung über sich ergehen lassen, obwohl er bereits im Türrahmen dem zuständigen Arzt freudig mit seinem Spenderausweis („Ich spende regelmäßig unregelmäßig“) zugewunken hat. Brutalstmögliche Aufklärung ist gefragt: Hat sich Steffel in den letzten zwölf Monaten tätowieren, piercen, akupunktieren oder ein Ohrloch stechen lassen? Ist er ein „Salmonellen-Dauerausscheider“? Oder wurde der 1,88-Mann jemals mit menschlichen Wachstumshormonen behandelt? Hat er tierische Sera erhalten? Innerhalb der letzten 24 Stunden Alkohol getrunken?

Die genauen Antworten auf diese spannenden Fragen fallen der ärztlichen Schweigepflicht zum Opfer. Doch schon nach wenigen Minuten steht fest: Frank Steffel darf, trotz niedriger Hämoglobinwerte und Zugehörigkeit zur finanziellen Risikogruppe CDU, Blut spenden! „Ich empfehle das dringend“, rät er vom Liegestuhl aus. Lediglich die Hälfte der in Berlin verbrauchten Blutkonserven stammen aus der Hauptstadt, der Rest muss importiert werden. Steffel ruft daher zur „großen Blutspendeoffensive“ auf, während rote Flüssigkeit aus seiner Armvene in einen Plastikbeutel läuft.

Gleichzeitig nutzt der Kandidat die Zeit, um sich von seinem Nachbarn über die immensen Verdienstmöglichkeiten berichten zu lassen. „Herr Steffel, beim DRK gibt’s auch Geld!“, rät ihm der Nebenmann bereitwillig. Doch dem mittelständischen Unternehmer geht es nicht um materielle Werte. Er wird seine Aufwandsentschädigung in Höhe von DM 45 an Mukoviszidosekranke spenden. Nach einer vorgeschriebenen Ruhepause von einer halben Stunde lässt sich Steffel dann von Mitarbeitern der Charité über die Gesundheits- und Hochschulpolitik informieren.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) jedenfalls wird dem CDU-Herausforderer seine Präsenz in der Blutbank so schnell nicht streitig machen: Homosexuelle, das weiß auch Steffel, sind vom Spenden grundsätzlich ausgeschlossen.

ANDREAS SPANNBAUER