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Bauten mit einer Botschaft

Im Lichthof des Auswärtigen Amts werden Auslandsbauten der Bundesrepublik gezeigt

Die Kinder der deutschen Diplomaten, die in den Weltkrieg im Ghetto von San Li Tun verwickelt wurden, der von 1972 bis 1975 dauerte, wie die Veteranin Amélie Nothomb berichtet, müssten auch heute nicht um den guten Grund für die kriegerische Auseinandersetzung fürchten. Denn heute wie damals sind sie in Peking hinter hohen Mauern eingesperrt. Nur sind die hohen Mauern heute eine Idee der Stuttgarter Architekten Kammerer + Belz, Kucher und Partner und nicht der chinesischen Gastgeber. Sie sollen an die alten Wohnquartiere in Peking erinnern, die Hutongs. In einem solchen Hutong nehme man eine Horde Kinder und sperre sie dort ein, lasse sie ohne Aufsicht, liest man bei der belgischen Autorin. Wer dann „meint, die Gören würden da nun mit ausgestreckter Freundeshand aufeinander zugehen, ist ein bisschen naiv“.

Es wäre aber auch naiv zu glauben, die hohe Mauer um die 1998 fertig gestellte deutsche Botschaft sei allein ästhetisch-nostalgischen Architekturfantasien geschuldet. Auch die anderen Bauten, die die diplomatischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland beherbergen, zeigen sich gerne mit mächtigen Eisengittern bewehrt. Wie es sich dahinter lebt? Eine Frage, die die Ausstellung, die das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, das Bundesministerium für Verkehr, Bau- Wohnungswesen, das Auswärtige Amt und das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt im Lichthof des Auswärtigen Amts ausgerichtet haben, offen lässt.

Aber dafür haben wir Amélie Nothomb und ihre „Liebessabotage“. Doch, in zwei Vitrinen ist zu sehen, dass die Bundesrepublik Deutschland die Gäste auf dem Porzellan der Königlichen Porzellan Manufaktur Berlin, KPM, speisen lässt. Und es gibt zwei Fotos, von denen das eine den Bierkeller in der ehemaligen DDR-Botschaft in Pjöngjang, Nordkorea, zeigt, das andere den Bierkeller, den Oswald Mathias Ungers in der Residenz in Washington stylte. Anders lässt sich nicht ausdrücken, was beim ersten Blick auf die Farbfotografie einen spontanen Lachanfall auslöst. Nichts kann einem Bierkeller konträrer sein als der karge Raum und das strenge schwarze Gestühl, hinter dem die Bar wie ein hell gleißender Tabernakel das köstliche Gesöff bereit hält. Hier wird dem Gott des Rausches geopfert. Allerdings nicht in dionysischer Art und Weise, auf Bayerisch: in der Art des Donisl.

Anliegen der Ausstellungsmacher ist es, 50 Jahre Bautätigkeit eines demokratischen Deutschlands zu zeigen, das seine liberale Verfassung auch in seinen Auslandsbauten repräsentiert sieht. Überzeugend sind die Bauten aus den 40er-, 50er- und 60er-Jahren. Die Botschaften von Neu-Delhi, Tokio, Washington (Egon Eiermann), Monrovia und Brasilia (Hans Scharoun). Später wird es diffuser. Helsinki, 1993 fertig gestellt, dockt an die Leichtigkeit der frühen Bauten an; Alexander von Branca dagegen baut beim Vatikan den gleichen Schießschartenstil wie bei der Münchner Neuen Pinakothek. Ungers viel gefeierte Residenz in Wa–shington erscheint knapp zehn Jahre nach Fertigstellung als pompöser Langeweiler. Und gegen das blendende Weiß auf dem Hügel der amerikanischen Kapitale fällt der Klinker der Moskauer Botschaft dann als besonders duster auf. Genau besehen sieht Moskau ziemlich für den Weltkrieg der Kinder geeignet aus.

Es kann im Hause Joschka Fischer nicht ausbleiben, dass einem gedanklich ständig die Veteranin Nothomb in die Quere kommt. Die weiß, „niemand auf Erden ist unentbehrlich, außer dem Feind“ und: „Also müssen wir den Feind lieben, ohne es ihm zu sagen. Versöhnung kommt überhaupt nicht in Frage. Der Waffenstillstand ist ein Luxus, den der Mensch sich nicht erlauben darf. Beweis: Zeiten des Friedens laufen immer wieder auf neue Kriege hinaus. Wohingegen die Kriege meistens von Friedenszeiten gekrönt werden.“ Was in Mazedonien erneut bewiesen wird.

Schön an der Ausstellung ist, dass sie weiter ausgreift als 50 Jahre Bundesrepublik. Peter Behrens’ neoklassizistische St. Petersburger Botschaft wird ebenso vorgestellt wie die noch in Konstantinopel erbaute Botschaft in Istanbul oder das Prachtstück von Paris, das Hôtel Beauharnais, in dem schon Otto von Bismarck residierte. Schön ist in Berlin auch, dass man den zweidimensionalen Parcours in eine dreidimensionale Wanderung überführen und sich gleich die neuen und neu restaurierten Botschaften der Briten, Skandinavier, Italiener und Japaner anschauen und vergleichende Botschaftswissenschaft betreiben kann. BRIGITTE WERNEBURG

Bis 26. 8., Auswärtiges Amt, Werderscher Markt 1, tgl. 10–18 Uhr

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