: Auf der Suche nach einem Kompromiss für die Opfer
Polnische Zwangsarbeiter, die durch Kursschwankungen einen Teil ihrer Entschädigung verloren haben, sollen doch noch zu ihrem Geld kommen
WARSCHAU taz ■ Zwar wollen die Polen die Deutschen nicht mehr wegen „Betrugs an den Zwangsarbeitern“ verklagen, doch wenn Michael Jansen, der Vorsitzende der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ heute in Warschau die Fehler der letzten Wochen ausmerzen will, wird er einen schweren Stand haben. In der Öffentlichkeit gelten Jansen und mit ihm die ganze deutsche Regierung und die deutsche Wirtschaft als Betrüger und wortbrüchige Verhandlungspartner. Seit den ersten Junitagen, als Jansen die erste Rate der Entschädigungszahlungen für Polen (über 1,3 Milliarden Mark) zu einem für die NS-Opfer extrem ungünstigen Kurs tauschte, prägen Schlagzeilen wie „Skandal um die Entschädigungsgelder“ die öffentliche Meinung in Polen.
Bartosz Jalowiecki, Vorsitzender der Stiftung „Polnisch-deutsche Aussöhnung“, hatte zwar die Auszahlung der Entschädigungsgelder in Zloty gewünscht und dies auch im Partnerschaftsvertrag festschreiben lassen, zugleich aber den Wechselkurs mitbestimmen wollen. Dass der „Preis“ einer Währung sich auf dem Devisenmarkt bildet und abhängig ist von Angebot und Nachfrage, scheint ihm und vielen Polen unklar zu sein. Anders sind lange Analysen wie in der Gazeta Wyborcza kaum zu erklären, denen zufolge die deutschen Banken beim Tausch der Entschädigungsgelder exorbitante Gewinne auf Kosten der Opfer gemacht hätten.
Die von Premier Jerzy Buzek eingesetzte Kommission stellte zwei grundsätzliche Fehler fest: zum einen hatte Jalowiecki allein entschieden, dass Polen die Entschädigungssumme in Zloty erhalten sollte, zum anderen hatte Jansen die gesamte erste Rate von 1,8 Milliarden Mark innerhalb von drei Tagen getauscht und so die Verteuerung des Zloty in Kauf genommen.
Schuld an dem Millionenverlust der Opfer tragen tatsächlich die Chefs beider Stiftungen, aber auch die deutsche und polnische Regierung, die diese Wechselkursauswirkungen hätten voraussehen müssen. Vor knapp einer Woche entließ die polnische Regierung Jalowiecki und ernannte Witold Krochmal zum neuen Leiter der Stiftung.
Jansen soll heute mit Krochmal einen Kompromiss finden, sodass die ehemaligen Zwangsarbeiter doch die volle Entschädigungssumme erhalten. Eine Möglichkeit wäre, dass die deutsche Stiftung die Verluste zumindest teilweise mit den Zinsen ausgleicht, die sich in den letzten Monaten auf dem Stiftungskonto angesammelt haben. Ob die polnische Regierung den zweiten Teil des Verlustes übernehmen wird, ist fraglich, da sie dann ja öffentlich zugeben müsste, an dem Desaster mit schuld zu sein. GABRIELE LESSER
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