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VW-Arbeiter fordern Teil vom Profit

Die Produktivität im mexikanischen Käfer-Werk ist seit 1994 um 41 Prozent gestiegen. Unter anderem daraus leiten die Beschäftigten ihren Anspruch auf 19 Prozent Zuwachs ab. VW: Belegschaft erhält schon heute mehr Geld als andere Arbeiter

aus Mexiko-StadtANNE HUFFSCHMID

Noch stehen die Bänder still bei VW in Mexiko. Wann sie wieder ins Rollen kommen, ist ungewiss. Während die Werksleitung ihren 16.000 Beschäftigten sieben Prozent mehr Lohn zahlen will, etwas mehr als die für 2001 erwartete Inflation, fordert die unabhängige VW-Gewerkschaft (SITIAVW), in der drei Viertel der Mitarbeiter organisiert sind, mit 19 Prozent fast das Dreifache. Ihre Forderung begründet sie vor allem mit Lohnsteigerungen von bis zu 16 Prozent, die ihre Kollegen bei anderen Autoproduzenten in der diesjährigen Tarifrunde erreicht haben.

Für die Werksleitung ist das kein Argument. „Wenn wir schon die höchsten Löhne zahlen, müssen wir nicht noch die höchsten Lohnsteigerungen gewähren“, sagte Unternehmenssprecher Thomas Karig gegenüber der taz. In der Tat liegen die Löhne in der mexikanischen Niederlassung einiges über dem, was im Lande und auch bei der Konkurrenz üblich ist. Ohnehin zählt die transnational dominierte Automobilbranche, nach Luftfahrt und Textil, zu den lukrativsten Branchen in Mexiko. Während der gesetzliche Mindestlohn ganze neun Mark am Tag beträgt, ein Polizist gerade 900 Mark brutto im Monat verdient, kommen Facharbeiter bei Nissan, Ford oder DaimlerChrysler auf einen Tagessatz von bis zu 50 Mark. Bei VW sind es nach Werksangaben im Durchschnitt 56 Mark (226 Pesos), was einem monatlichen Bruttoverdienst von 1.680 DM entspricht. Zudem habe die Lohnentwicklung seit 1994 mit der akkumulierten Inflation (326 Prozent) Schritt gehalten und diese sogar leicht überrundet, sagt VW.

Allerdings, so argumentiert die Gewerkschaftsseite, sei zugleich auch die Arbeitsproduktivität rasant in die Höhe geschnellt. Wie der Ökonom Enrique Dussel Peters auf der Basis von Daten des Statistischen Landesamtes vorrechnet, hat sich in der Autobranche seit dem Krisenjahr 1994 die Reallohn- von der Produktivitätsentwicklung völlig entkoppelt: War die Kaufkraft der Löhne in den folgenden fünf Jahren um 20 Prozent gesunken, so ist zugleich die Arbeitskraft um 40,6 Prozent produktiver geworden.

Seiner enormen Produktivität hat das VW-Werk am Rand der Landeshauptstadt Puebla, 125 Kilometer östlich von Mexiko-Stadt, zu verdanken, dass hier neben dem alten Traditionskäfer seit fast drei Jahren auch der New Beetle vom Band rollt – und zwar nur hier. 150.000 der niedlichen Neokäfer wurden letztes Jahr in Mexiko produziert.

Neben den direkt Beschäftigten hängen in über 90 Zulieferfabriken weitere 100.000 Arbeiter vom VW-Werk ab. Dieses Jahr sollte die Rekordmarke von insgesamt 425.000 produzierten Wagen noch einmal um 10.000 erhöht werden. Doch die rückläufige US-Konjunktur machte der Werksleitung einen Strich durch die Rechnung: Allein in den ersten sieben Monaten sanken die Auslandsverkäufe um fünf Prozent. So äußerten Gewerkschaftsvertreter den Verdacht, dem Werk käme der Ausstand durchaus gelegen, um seinen Produktionsüberhang von 12.000 Wagen abzubauen. Eine solche Unterstellung bezeichnet Thomas Karig als „absurd“, dafür sei schließlich die Kurzarbeit da, auf die VW dieses Jahr schon mehrfach zurückgegriffen hat.

Politisch brisant ist der erste große Arbeitskampf in der knapp neunmonatigen Amtszeit des Präsidenten Vicente Fox allemal. Für Francisco Hernández Juárez, den Vorsitzenden der Nationalen Arbeiterunion (UNT), steht in Puebla „gar die Verhandlungsmacht der ganzen mexikanischen Arbeiterbewegung auf dem Spiel“. Für die nächsten Tage kündigte der unabhängige Dachverband eine Reihe von Solidaritätsaktionen an, erwogen werden dabei Boykottaufrufe und sogar die Blockade der Werkstore. Vergangenes Jahr hatte ein fünftägiger Ausstand den VW-Arbeitern immerhin 18 Prozent mehr Lohn beschert. Gewerkschaftssprecher Miguel Galán gab sich am Dienstagabend versöhnlich. Es sei doch erstrebenswert, so Galán gegenüber der taz, „dass wir uns zum Wohle aller bald einigen“. Und er gab eine Untergrenze bekannt: Unter zehn Prozent Erhöhung werde man sich nicht drücken lassen.

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