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Kommunalwahn

Ein halbes Jahr nach der Kommunalwahl stehen die Weichen im Frankfurter Römer nun auf große Koalition

FRANKFURT/M. taz ■ Gerade noch 80 Mitglieder des grünen Kreisverbandes Frankfurt waren bereit, sich am Mittwoch den Abend mit dem x-ten Parteitag zum Thema „Bildung einer neuen Stadtregierung“ zu verderben. Am Ende sprachen sie sich für neue Verhandlungen mit CDU, SPD und FDP aus – ein halbes Jahr nach der Kommunalwahl. Das zunächst favorisierte Modell einer „Zusammenarbeit“ nur mit der Union ist bei den Grünen in der Euro-Kapitale nicht mehr mehrheitsfähig. Vor der Sommerpause hatte ein Unionspolitiker den Einzug eines „Republikaners“ in den Magistrat ermöglicht – worauf die Grünen die Koalitionsverhandlungen mit der CDU für „beendet“ erklärten.

Jetzt also die ganz große Lösung. Doch noch ist unklar, ob die SPD überhaupt mitmacht. Schon im Mai hatten sich die Delegierten auf dem Kreisparteitag mehrheitlich gegen jede Zusammenarbeit mit der Union ausgesprochen – wegen der „unappetitlichen“ Schwarzgeldaffäre der hessischen CDU. Geheim wollen die Verhandlungsdelegationen der vier Parteien jetzt ihre Positionen ausloten und noch im September entscheiden. Dann nämlich stehen Dezernentenwahlen an. Jutta Ebeling von den Grünen will vom Schul- ins Kulturressort wechseln und Fraktionschef Lutz Sikorski neuer Umweltdezernent werden. Bis dahin: Stillstand in der Kommunalpolitik.

Für Erheiterung sorgte auf der grünen Kreisversammlung am Mittwoch Daniel Cohn-Bendit, der weiter mit der „schwarz-grünen Option“ kokettierte. Mit einer humanen Politik in Frankfurt könnten Grüne und CDU doch der angekündigten „brutalstmöglichen“ Sozialpolitik von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) Paroli bieten, meinte der Europaabgeordnete der französischen Grünen blauäugig. Dass die CDU in der Stadt da mitmache, sei „in etwa so realistisch wie die Annahme von Cohn-Bendit, dass man die Globalisierungsgegner nur mit ein paar schönen Worten in die Partei integrieren könne“, höhnte ein grüner Basis-Mann aus Bornheim. Und ein anderer meinte, dass „uns Dany“ im schönen Brüssel wohl vergessen habe, welch beinharte Rechte bei der CDU in Frankfurt den Ton angeben.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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