: „Ich fühle mich firm, um das deutlich zu sagen“
■ Kultursenator in spe Kuno Böse will mit dem Theater wuchern und künftig bei „Glocke“ und Musikfest mitreden. Wir sprachen auch über Gartenpflege und fehlende Ohrwürmer
taz: Als Innenpolitiker haben Sie schon in Berlin Erfahrungen gesammelt. Was reizt Sie im kulturpolitischen Feld?
Kuno Böse: Ich betrete auch dort kein Neuland, denn ich sollte in Berlin mal Staatssekretär für Wissenschaft und Kunst werden. Aber da der damals vorgesehene Senator das Innenressort übernahm, fand auch ich mich auf einmal im Innenressort wieder. Vom Inhalt her habe ich mich mein Leben lang mit Kultur beschäftigt, da fühle ich mich auch firm, um das ganz deutlich zu sagen.
Was halten Sie denn von der bremischen Ressortverknüpfung zwischen Innerem und Kultur?
Bundesweit ist das ein einmaliger Zusammenschnitt. Als ich hierherkam, hab ich schon gestaunt, aber ich empfand es auch als einen großen Reiz, weil ich nun mal beide Bereiche abdecke. Ob das auf Dauer eine sinnvolle Kombination ist, lasse ich dahingestellt. Aber jetzt will ich beide Bereiche mit gleicher Intensität, genauso wie Sport, angehen. Bei mir gibt es keinen Unterschied in der Gewichtung.
Was steht oben auf Ihrer Prioritätenliste?
Der von Herrn Schulte begonnene Kulturentwicklungsplan ist bisher eine Art Atlas. Die Bewertung im Sinne einer Entwicklungsplanung wird meine „höchst angenehme“ Aufgabe sein – die Anführungszeichen schwingen mit. Natürlich zusammen mit den Fraktionen und denjenigen, die es angeht
Wir haben eine offene Lücke in den Kulturhaushalten 2002/03 in Höhe von rund 11 Millionen Mark, die wir durch die aktuellen Beratungen zu decken hoffen. Trotzdem: Die vorhandene Geldmenge langt aller Vorraussicht nach nicht aus, um das bisherige Angebot weiter so zu finanzieren. Also müssen wir Kriterien erarbeiten: Was will sich Bremen leisten, was kann es sich leisten? Was hebt Bremen ab von anderen Städten?
Was haben Sie da vor Augen?
Wenn ich jetzt auf die Einzelheiten eingehe, habe ich sofort einen Streit entfacht. Aber was mir an Bremen auffällt, ist zum Beispiel das Theater, das bundesweit Bedeutung hat (ich hab im Nebenfach auch mal Theaterwissenschaften studiert). Im Kreis mit Zürich und Berlin hat es einen guten Stand. Ich bin überrascht von der Fülle der hiesigen Inszenierungen.
Was hier mit vergleichsweise wenig Geld auf die Beine gestellt wird, verdient Hochachtung – das Theater ist ein Pfund, mit dem man wuchern kann. Das gilt übrigens auch für den Musikbereich. Wobei ich es ungewöhnlich finde, dass „Glocke“ und Musikfest nicht in die Zuständigkeit des Kulturressorts fallen.
Wollen Sie das ändern?
Glauben Sie denn, dass ich das schaffe? Also, ich will zumindest mitreden bei den kulturellen Gewichtungen hier in der Stadt.
Wie sehen Sie denn zum Beispiel die Zukunft Bremens als Musical-Standort?
Bundesweit läuft es nicht gut auf diesem Sektor. „Jekyll and Hyde“ fand ich eine hervorragende Inszenierung, bloß gab es da keine Ohrwürmer. Ich finde es wichtig, dass in Bremen ein solches Angebot besteht. Aber man braucht eben das zündende Stück.
Kann das „Hair“ sein?
Für Menschen eines bestimmten Alters schon. Ich habe 1970 in Berlin die deutsche Erstaufführung von „Hair“ miterlebt, die Musik finde ich heute noch toll.
Die Freifläche auf dem Teerhof ist laut Bebauungsplan für „Kultur“ reserviert. Wie möchten Sie das Terrain nutzen?
Wir haben kein Geld, um dort in eine kulturelle Einrichtung zu investieren. Wenn es eine andere vernünftige Planung gibt, den freien Teil zugunsten der Attraktivitätssteigerung der Innenstadt zu bebauen, würde ich mich dagegen nicht sträuben. Das ist besser, als das Gelände brach liegen zu lassen und auf Zeiten zu hoffen, in denen die Kultur wieder mehr Geld hat. Aber es muss schon ein architektonisches Ausrufungszeichen sein, dass da hinkommt.
Auch im Viertel sind kulturelle Einrichtungen wichtig, um die Stimmung zu halten. Was für Möglichkeiten sehen Sie da als Kultursenator?
Dafür bin ich sehr aufgeschlossen. Ich finde die Stadtteilkultur sehr wichtig, um belasteten Bezirken zu helfen, das ist ein ganz wichtiger Faktor. Das habe ich in Gröpelingen sehr positiv erlebt. Für Gespräche darüber bin ich also sehr offen.
Wenn etwa das „Lagerhaus“ demnächst auf seine Probleme hinweist, wird es bei Ihnen also ein offenes Ohr finden?
Zum Beispiel. Da ich aus der Kulturgeschichte komme, kenne ich den Unterschied zwischen einem französischen und einem englischen Garten – den man weitgehend wachsen lässt. Ich neige mehr dem Französischen zu. Aber wenn nicht genügend Mittel da sind, kann man nicht „tausend bunte Blumen blühen lassen“, wie Mao das mal genannt hat. Interview: HB
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