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der zeitzeuge

Jacob Schmal

Er war der jüngste Radiosprecher des Wolgadeutschen Rundfunks in Engels, der Hauptstadt der Autonomen Republik der Wolgadeutschen. Sechzehn Jahre alt war Jacob Schmal, als er im Mai 1940 im deutschsprachigen Sender der Sowjetunion seinen Dienst antrat. Am frühen Sonntagmorgen des 22. Juni 1941 erfuhr er, dass die Wehrmacht in die Sowjetunion einmarschiert war.

Es war der Anfang vom Ende der deutschen Wolgarepublik. Rund acht Wochen später, am 28. August, beschloss Stalin die Deportation der 450.000 Wolgadeutschen, deren Vorfahren 1763 einem Aufruf der deutschstämmigen Zarin Katharina der Großen gefolgt waren, russisches Neuland zu erschließen. Insgesamt wurden 1941 über 1,2 Millionen Sowjetdeutsche aus ihren Wohngebieten vertrieben.

In ihren Reihen, so das Dekret, gebe es „tausende und abertausende Diversanten und Spione“. Mit hunderttausend anderen russlanddeutschen Männern und Frauen wurde Jacob Schmal zur Zwangsarbeit in die Arbeitsarmee rekrutiert. Die Leidenszeit endete erst im Dezember 1955. Der Oberste Sowjet hob die „Beschränkungen in der Rechtsstellung der Deutschen und ihrer Familienangehörigen, die sich in der Sondersiedlung befinden“, formal auf. Es dauerte noch einmal knapp zehn Jahre, bis am 29. August 1964 der Deportationserlass von 1941 offiziell zurückgenommen wurde. Jacob Schmal erlebte die Nachkriegsjahre in der Baschkirischen Sowjetrepublik, wo er als Ingenieur in der Ölindustrie arbeitete.

1997 kam Schmal mit seiner russischen Ehefrau als Spätaussiedler nach Berlin. Hier schrieb er 1995 seine Lebenserinnerungen, „Den Kelch bis zur Neige geleert“ (erschienen im Internationalen Verband der deutschen Kultur, Moskau). Eine Neuauflage soll zum 60. Jahrestag des Erlasses im Berliner Verlag edition ost erscheinen. STEW, GEI

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