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Hitzestau im Wohnungsamt

Viele Anträge auf den vom Kanzler versprochenen Heizkostenzuschuss für letzten Winter sind noch unbearbeitet. Neuköllner Stadtrat: Das dauert bis zum nächsten Winter

Heizkosten machen selbst im Sommer ärger. In den Wohnungsämtern schwitzen die SachbearbeiterInnen über 141.000 Anträgen auf den vor einem Jahr von Kanzler Gerhard Schröder versprochenen einmaligen Heizkostenzuschuss. Davon stammen rund 41.000 direkt von einkommensschwachen Haushalten. Nur knapp 20 Prozent dieser Haushalte haben bis Ende Juli das Geld erhalten.

Vor einem Jahr war Schröder wegen der Ökosteuer unter Druck geraten. Die Klientel der SPD fürchtete horrende Heizkostenrechnungen. Rechtzeitig zu Weihnachten spendierte der Kanzler 1,4 Milliarden Mark als einmaligen Zuschuss. Die Verteilung überließ er den Ländern und Gemeinden. Einkommensschwache konnten bis Ende April bei den Wohnungsämtern einen Antrag stellen; Wohngeld- und Sozialhilfe-Empfänger erhielten das Geld ohne Antrag. Letztere werden relativ schnell bearbeitet. Die zuständigen Bezirksbehörden hatten Ende Juni 80 Prozent aus dem Bundestopf zurückerstattet bekommen.

Ein Grund für die Verzögerung bei den übrigen Anträgen sei die Software zur Bearbeitung der Anträge, erklärt Wolf Schulgen, Leiter des Wohnungswesens bei der Senatsbauverwaltung. Erst seit Mitte Mai steht sie den Ämtern zur Verfügung.

Der Neuköllner Sozialstadtrat Dietrich Schippel (CDU) macht hingegen die Bundesregierung verantwortlich: „Der Gesetzgeber hat dabei an gar nichts gedacht, er wollte nur sein Füllhorn ausschütten.“ Auch der Leiter des Tempelhof-Schöneberger Wohnungsamtes, Dietmar Jarkow, bemängelt, dass Länder, Gemeinden und Bezirke als ausführende Behörden in die Gesetzgebung nicht einbezogen worden seien: „Wir müssen das aufwändige Verfahren ohne einen einzigen zusätzlichen Pfennig an Sach- oder Personalmitteln über die Bühne bringen.“ Der Abzug von Personal aus anderen Bereichen könne zu Lasten der dortigen Aufgaben gehen.

Schulgen macht aber auch die Bezirksämter verantwortlich. „Zwei Westbezirke haben bis zum Juli faktisch mit der Auszahlung des Zuschusses noch nicht angefangen“, bemängelte der Leiter des Wohnungswesens. Lichtenberg und Treptow-Köpenick hingegen zeigten, „dass Bezirke die Anträge sehr gut abarbeiten können, wenn sie die Prioritäten für die Bürger setzen“.

Stadtrat Schippel schätzt, dass das Verfahren in Neukölln noch bis zum nächsten Winter dauern wird. Zum Glück für die Ämter hat nur ein Bruchteil der Berechtigten den Zuschuss beantragt. Schätzungsweise 400.000 Berliner Haushalten hätte Schröders warmer Weihnachtsregen zugestanden. STEFAN KNOBLICH

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