Ballung von Problemen

■ Palette und Sozialbehörde: Streit um Wohnprojekt für drogenabhängige Mütter

Am Ende steht oft die Trennung. Wenn die Mutter es nicht packt, ihr Leben mit der Sucht in den Griff zu bekommen, dann kommt ihr Baby in eine Pflegefamilie. Dabei könnten sich viele drogenabhängige Frauen gerade durch ihr Kind stabilisieren, sagt Rainer Schmidt. Wenn sie dabei unterstützt würden und das neue Familiengefühl nicht schon wieder beendet würde, ehe es sich richtig entwickeln konnte. Deshalb hat der von ihm geleitete Verein Palette ein Konzept für ein Wohnprojekt für drogenabhängige Mütter mit Kind erarbeitet. Die Jugendbehörde hat das abgelehnt.

Laut der „Basisdatendokumentation“, die jährlich von der Gesundheitsbehörde zusammen mit freien Trägern erstellt wird, haben 44 Prozent drogenkonsumierender Frauen und 33 Prozent der Männer Kinder. Seit in der Szene immer mehr Crack geraucht wird, sagt Schmidt, sei wegen der kurzen Wirkdauer der Alltag der KonsumentInnen noch hektischer geworden – und das Leben instabiler.

Der Bedarf an Angeboten für diese Klientel ist bei der Behörde bekannt. Es bestünden jedoch Zweifel, ob den Müttern durch ein Wohnprojekt geholfen würde, in dem sie mit anderen Süchtigen zusammenleben. „Diese Ballung von Problemen ist nicht gut für das Kindeswohl“, sagte der Leiter der Abteilung Jugend- und Familienförderung Wolfgang Hammer der taz. Sinnvoller sei es, die abhängigen Frauen wie bisher in Wohngruppen zu betreuen, in denen auch nichtsüchtige Mütter leben: „Wir setzen auf das dezentrale Konzept.“

Das aber hat sich laut Schmidt nicht bewährt. Viele Frauen seien zur Zeit der Geburt ihres Kindes noch nicht so stabil, auf Drogen verzichten zu können – was die übrigen Mutter-Kind-Projekte verlangen würden. Dort seien die süchtigen Frauen auch oft Anfeindungen ausgesetzt, weil häufig als unverantwortlich gelte, dass sie überhaupt Kinder bekommen haben. Wären sie in einer Wohngruppe unter sich, so Schmidt, „könnten sie sich viel offener über ihre Probleme austauschen“. Elke Spanner