piwik no script img

Die Bank im Keller

Das KaDeWe lagert tonnenweise Euros in einem Tresor, der schon vor hundert Jahren für eine Bank gebaut wurde

Für Deutschlands Kaufhäuser sind diese Tage alles andere als normal. Hans-Dieter Werk besitzt etwas, um das ihn so mancher Kollege beneidet. Tief im Keller von Deutschlands größtem Kaufhaus, dem KaDeWe in Berlin, steht inmitten eines verschlungenen Gangsystems ein großer, derzeit ungenutzter Tresorraum. Und damit ist Geschäftsführer Werk eine Sorge los: Er weiß, wo er die unzähligen Euromünzen lagern wird, die ab September in Etappen eintrudeln werden.

Dann beginnen Bundesbank und Landeszentralbanken (LZB), das neue Geld an Banken, aber auch an Handelshäuser oder Verkehrsunternehmen auszuliefern: mehr als 15 Milliarden Münzen und 2,3 Milliarden Banknoten. Allein an das KaDeWe werden Euro-Geldstücke im Gewicht von 52 Kleinwagen geliefert. In anderen Kaufhäusern überfordert die tonnenschwere Last die Statik der Gebäude. Der fast vergessene Kellertresor im KaDeWe dagegen war beim Bau 1907 extra für eine Bank gedacht. „Ich beneide mich selber darum“, sagt Werk. Die Branche rechnet mit Überfällen – wobei die Geldscheine wohl ein beliebteres Ziel sein werden als die kiloschweren Holzkisten mit Münzrollen. Wo heute leere Kartons lagern, werden sich bald Euros bis unter die Decke stapeln. Sobald die erste Lieferung ankommt, werden in dem Tresorraum mit der dicken Eisentür drei Angestellte die Münzrollen zu handlichen Kassenladungen umsortieren.

„Ich habe vor einem Angst. Dass wir am Ende nicht mehr genug Kleingeld haben und die LZB nicht sofort Nachschub liefern kann“, sagt Werk. Schätzungen zufolge ist das Fünf- bis Achtfache des normalen Wechselgeldbestands nötig, aber niemand weiß es genau. Zahlen die Leute auch in den ersten Januarwochen weiter mit Karte oder wollen auf einmal alle ihre neuen Geldscheine wechseln?

Werk weiß, warum er das Wechselgeldproblem als so gravierend betrachtet. 1990, beim Umtausch der Ostmark in Westgeld, gingen dem KaDeWe Groschen und D-Mark-Stücke aus. „Die Münzen wurden aufgesogen wie Schwämme“, erinnert er sich. Damals konnte Werk andere Karstadt-Filialen bitten, kurzfristig mit Groschen auszuhelfen. Das wird im Januar nicht gehen – und darum hat er lieber ein paar Münzen mehr für seinen Kellertresor bestellt. DPA

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen