Israel rückt vor

Soldaten rücken in die Autonomiegebiete ein und errichten erstmals Stellungen auf palästinensischem Gebiet. Großer Trauerzug für Mustafa

BETHLEHEM afp/dpa ■ Nach wiederholten Schüssen auf die jüdische Siedlung Gilo am Rande Ostjerusalems hat Israel seine Drohung wahrgemacht und den angrenzenden Palästinenserort Beit Dschala besetzt. Soldaten und Panzer rückten in der Nacht zum Dienstag in die Stadt vor und besetzten dort nach Armeeangaben „für begrenzte Zeit wichtige Stellungen“. Die palästinensische Führung erklärte, die israelische Regierung wolle alle geltenden Abkommen zerstören.

Beim Einmarsch der israelischen Armee nach Beit Dschala im Westjordanland wurden ein palästinensischer Polizist getötet und acht Zivilisten verletzt. Die Armee verhängte eine Ausgangssperre. Israel habe nicht die Absicht, Beit Dschala dauerhaft zu besetzen, versicherte ein Sprecher von Ministerpräsident Ariel Scharon. Ziel sei einzig, Gilo zu schützen.

Für mehrere Stunden rückte das Militär auch in das angrenzende palästinensische Flüchtlingslager Aida ein. Im Süden des Westjordanlandes wurden bei einem Schusswechsel mit israelischen Soldaten ein palästinensischer Polizist getötet und vier Mitglieder der Leibgarde von Palästinenserpräsident Jassir Arafat verletzt.

Im Gaza-Streifen marschierte die israelische Armee ebenfalls in der Nacht in palästinensisch verwaltetes Gebiet ein. Vier von Panzern flankierte Planierraupen zerstörten nach palästinensischen Angaben 14 Häuser komplett und beschädigten 20 weitere. 22 Palästinenser seien dabei verletzt worden.

An dem Trauerzug für den am Vortag gezielt getöteten Palästinenserführer Abu Ali Mustafa in Ramallah versammelten sich 50.000 Palästinenser, maskierte Teilnehmer schossen in die Luft und schworen Rache. Der Chef der PLO-Gruppe Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) war am Montag bei einem Raketenangriff der israelischen Armee auf sein Büro in Ramallah getötet worden. Zehn radikale Palästinensergruppen, darunter Hamas und Dschihad, kündigten am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung Rache an.

Mehrere Regierungen kritisierten die israelische Politik der gezielten Tötungen von Palästinensern. Wie der israelische Rundfunk dazu gestern berichtete, will Israel keine gezielten Tötungsangriffe auf Mitglieder der Autonomiebehörde und des palästinensischen Parlaments durchführen.