: Grüße aus dem Pentagon
Die zukünftigen World-Leader lassen in der Buccerius Summer School ihre Köpfe für eine friedliche Globalisierung rauchen ■ Von Gesine Kulcke
Heute Abend wird Bürgermeister Ortwin Runde sie noch einmal zu einem herrschaftlichen Dinner ins Rathaus laden und sich dafür bedanken, dass sie ihre Köpfe haben rauchen lassen: für eine friedliche, globalisierte Zukunft. 56 Frauen und Männer zwischen 28 und 35 Jahren haben in den vergangenen zwei Wochen die neu gegründete Summer School der Buccerius Zeit-Stiftung besucht. Ihr Lernziel: die Gestaltung einer vom Welthandel geprägten, aber dennoch menschennahen globalen Gesellschaft.
Die Crème der zukünftigen Führungselite wurde in 21 Ländern gesucht und gefunden. Mehr als 800 Briefe wurden verschickt: an die World-Leader, die Zeit-Editor-at-Large Theo Sommer für besonders wichtig hält und zu denen unter anderem der Boss von Shell, Pentagonchef Donald Rumsfeld und der Ex-Chef der Deutschen Bank gehören. Am Ende wurden dann die allerbesten Zöglinge derer, die heute die Welt regieren, ausgewählt.
Die Biographien dieser „Best of All“ lesen sich in etwa so wie die von Mr. Christopher Carl Stenman aus Minnesota: „Ich habe das Joint Military Intelligence College besucht. Zurzeit diene ich im Pentagon. Ich arbeite im Bereich internationale Sicherheit für den Verteidigungsminister Donald Rumsfeld.“ Genau, von Rumsfeld, der mit seinem Raketenabwehrsystem im All die Abschreckungsfähigkeit der Amerikaner ausbauen will, hat Stenman schon viel gelernt. Und so wird er sich sicher gut verstanden haben mit seinen Summer School-Kollegen, besonders gut vielleicht mit dem geschäftsführenden Direktor der Deutschen Bank aus London oder dem Panzer-Offizier der Bundeswehr.
Nachdem dieser Kreativ-Pool zwei Wochen auf hochintellektuellem Niveau mit NATO-General Klaus Naumann, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Tietmeyer und Quotenmännern wie dem grünen Europaabgeordneten Daniel Cohn-Bendit über die Auswirkungen der Globalisierung diskutiert hat, wird das „geballte Wissen“, wie der heutige Gastgeber im Rathaus, Ortwin Runde, hofft, „Ideen und neue Ansätze evozieren, die eine faire Marktwirtschaft ermöglichen“.
Bleiben nur die Bedenken, die der Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt ähnlich schön, nur auf Englisch, zur Eröffnung der Summer School formulierte: Die Führungskräfte wissen meist, was zu tun ist, nur müssen sie auch die Masse überzeugen. Aber ihr werdet den Panzer schon schaukeln. Wer, wenn nicht die von Rumsfeld und Co großgezogenen Geister, könnten den Tankwart von Shell und die Reinigungskräfte der Deutschen Bank davon überzeugen, dass auch sie eines Tages in den Genuss der menschennahen Globalisierung kommen. Einfach nur stillhalten, weiterschrubben und an die Führungselite von morgen glauben.
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