: Trampen mit der Maus
Mitfahrmöglichkeiten im Internet: Kostengünstig und umweltschonend. Langfristige Finanzierung durch Nutzer
Trampen ist billig. Mitunter muss aber lange im Regen stehen, wer sich auf zufällige Mitreisemöglichkeiten in fremden Autos kapriziert. Auch weiß man nie genau, zu wem man ins Auto steigt oder – als Fahrer – wen man sich einlädt. Sicherer und trockener kommt man per Internet zu einer Mitfahrgelegenheit, und das kostengünstig, schnell und genauso umweltfreundlich. Die Benzinkosten und andere mit der Fahrt zusammenhängende Aufwendungen wie Autobahngebühren werden anteilig auf alle Mitfahrer umgelegt. Die von konventionellen Mitfahrzentralen verlangten Vermittlungsgebühren entfallen.
Der Internetservice mitfahrzentrale.de der EuropeAlive Medien GmbH mit Sitz in Bonn ist – noch – kostenlos. „Dafür geben wir auch keine Vermittlungsgarantie“, so Martin Buske, einer der Geschäftsführer von EuropeAlive, „und die Nutzer müssen selbst miteinander Kontakt aufnehmen.“ Dennoch fand der Auto Club Europa (ACE) das Angebot so interessant, dass es auf dessen Homepage „prominent verlinkt“ wurde. Der Anreiz, Sprit zu sparen, kann in Zeiten einer Benzinpreisexplosion selbst eingefleischte Alleinfahrer zum Umdenken bringen. Gut für die Umwelt ist das allemal. „Die Nachfrage bei den Mitfahrzentralen ist schon nach der ersten Benzinpreiserhöhung gestiegen, aber sie waren nicht in der Lage, die Masse der Anfragen aufzufangen“, so ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner. Die „Traditionalisten“ seien eben weit entfernt vom heute allenthalben gewünschten Ad-hoc-Service.
Die Handhabung der mitfahrzentrale.de ist dagegen so einfach wie die Idee. Mitfahrer und Fahrer können zunächst nach vorhandenen Angeboten suchen und Interessenten per Telefon oder E-Mail selbst kontaktieren. Falls es keine adäquaten Mitfahrmöglichkeiten oder Gesuche gibt, lässt man sich in der jeweiligen Rubrik selbst registrieren. Derzeit gebe es monatlich etwa 115.000 registrierte Kunden und 350.000 Nutzer, so Buske.
So genannte sichere Nutzer gebe es bislang nur etwa 200, bedauert er und kündigt an, diesen zurzeit noch freiwilligen Service in Zukunft stärker zu forcieren. Sowohl für Fahrer als auch für Mitfahrer sei es von Vorteil, wenn sie als „sichere Nutzer“ registriert wären. Dazu muss lediglich die Kopie des Personalausweises an EuropeAlive geschickt oder gefaxt werden (EuropeAlive Medien GmbH, Kennwort: Sicherer Nutzer, Siegfried-Leopold-Straße 6, 53225 Bonn, Fax (02 28) 4 79 81 36). Gesuche und Angebote werden dann entsprechend gekennzeichnet. In Zukunft wolle man die Sicherheit für alle erhöhen, indem nur noch suchen oder anbieten darf, wer sich zuvor registrieren lässt.
Über mangelnde Nachfrage können sich die Anbieter bisher nicht beklagen: „Von Januar bis Juli 2001 haben sich unsere Nutzerzahlen verdoppelt“, sagt Buske. Zurückzuführen sei das sicher nicht zuletzt auf die insgesamt 86 Kooperationen, die EuropeAlive mit seiner virtuellen Mitfahrzentrale eingegangen sei, neben der schon erwähnten mit dem ACE etwa mit dem Verkehrsclub Deutschland VCD oder mit Online-Diensten wie Lycos oder Altavista. Laut Buske wird der Service auch noch mindestens bis zum Jahresende kostenlos bleiben. Langfristig sei an eine Finanzierung durch die Nutzer gedacht: eine geringe monatliche Teilnehmergebühr etwa, die allerdings unter der Vermittlungsgebühr herkömmlicher Zentralen liege. Schließlich müssten die Nutzer ja selbst tätig werden, und eine Vermittlungsgarantie gebe es nicht.
Während man mit mitfahrzentrale.de deutschland- und europaweit verreisen kann, beschränkt sich ein Pilotprojekt in der Region Bonn/Rhein-Sieg auf den regionalen Pendlerstrom. Pendler.de ist aber so erfolgreich, dass es unter finanzieller Beteiligung von Städten und Kommunen auf ganz Deutschland ausgeweitet werden soll. Eine Frauenmitfahrzentrale und der Service für Schwule agieren bereits bundesweit. KAJA
www.mitfahrzentrale.de; www.pendler.de; www.she-drives.de (Frauenmitfahrzentrale); www.gayride.de (Angebot für Schwule)
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