piwik no script img

Bemühter Auftakt

Zur Eröffnung der UN-Rassismuskonferenz ruft Kofi Annan zur Versöhnung auf. Erst in letzter Minute schickt Israel doch eine Delegation nach Durban

DURBAN ap/epd ■ UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Teilnehmer der Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban gestern zur Überwindung ihrer Differenzen aufgerufen. „Die Streitereien dauern schon zu lange“, sagte Annan bei der Eröffnung der Tagung vor Delegierten aus 166 Staaten und Vertretern zahlreicher Menschenrechtsorganisationen.

Zu den strittigen Themen der Konferenz gehört die von arabischen Staaten ins Gespräch gebrachte Gleichsetzung von Zionismus und Rassismus. Für heftige Debatten sorgte auch die von afrikanischen Ländern verlangte Entschädigung für Sklaverei. Wegen der Kontroverse hat US-Außenminister Colin Powell seine Teilnahme abgesagt. Israel hatte ein Fernbleiben erwogen und sich erst in letzter Minute zur Teilnahme entschlossen: Das israelische Außenministerium teilte gestern mit, eine zwölfköpfige Delegation werde unter Leitung von Ministerialdirektor Mordechai Jedid nach Südafrika fliegen, um den erwarteten Beschuldigungen arabischer Staaten entgegenzutreten.

Während der Vorbereitung der Konferenz war der Zionismus, die Doktrin der jüdischen Staatsgründer, als rassistisch bezeichnet worden, was in Israel und den USA auf scharfe Kritik gestoßen war. Die Organisatoren der Konferenz sagten zu, dass dies in der Abschlusserklärung keine Rolle mehr spielen werde.

„Wir sollten den mutigen Menschen, die überall auf der Welt gegen Rassismus kämpfen, ein Zeichen der Hoffnung überbringen“, sagte Annan in seiner Eröffnungsrede. „Lasst uns unsere Meinungsverschiedenheiten überwinden“, forderte der UN-Generalsekretär. Der Holocaust habe die Juden verständlicherweise sensibel für Rassismus-Vorwürfe gemacht, insbesondere wenn sie mit der Tötung unschuldiger jüdischer Zivilisten einhergingen. „Dennoch können wir von den Palästinensern nicht erwarten, dies als Grund dafür zu akzeptieren, dass das ihnen zugefügte Unrecht ignoriert wird, egal mit welchen Worten man es beschreibt“, sagte Annan unter dem Beifall der Delegierten.

Die Generalsekretärin der Konferenz, die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Mary Robinson, betonte, in Durban könnten nicht alle Probleme der Welt gelöst werden. Es sei notwendig, sich über gemeinsame fundamentale Ziele zu verständigen. Neue Strategien würden dringend benötigt, weil Rassismus und Intoleranz überall auf der Welt großes Leid verursachten. Für die Menschenrechte sei die Konferenz daher von entscheidender Bedeutung.

Der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki rief dazu auf, die Konsequenzen von Sklaverei, Kolonialismus und Rassismus zu bekämpfen. Sie bestimmten noch immer das Leben von Milliarden von Menschen, die schwarz oder braun seien. Niemand habe es selbst bestimmt, ein Sklave zu sein oder kolonisiert und unterdrückt zu werden. Es müsse das Ziel der Konferenz sein, dazu beizutragen, dass Gettos von Armut und Verzweiflung nicht länger existierten.

Auf den Straßen von Durban demonstrierten währenddessen rund 10.000 Menschen gegen das israelische Vorgehen im Nahen Osten sowie gegen den ihrer Meinung nach zu langsamen Fortschritt der Landreform in Südafrika. Einige Demonstranten trugen palästinensische Flaggen und Transparente, auf denen der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon als Kriegsverbrecher und Israel als Apartheidstaat bezeichnet wurden.

Unter den Teilnehmern der Rassismuskonferenz sind etwa ein Dutzend Staats- und Regierungschefs, unter ihnen Fidel Castro aus Kuba, Joseph Kabila aus Kongo und Paul Kagame aus Ruanda. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) wird voraussichtlich an diesem Samstag eine Rede vor den Delegierten halten. Er will auch mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat zusammentreffen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen