: Begrüßung mit Handkuss
■ Die CDU Schwachhausen hatte Besuch: Önder Yurtgüven (CDU) / Thema: Das Verhältnis zwischen Deutschen und Türken und die Missverständnisse
„Als Deutsche wollen wir auch nicht, dass die Amerikaner sagen, wir liefen immer in Lederhosen rum,“ sagte der Schwachhauser Abgeordnete Mathias Henkel (CDU) mit lauter Stimme und stellte Önder Yurtgüven (CDU) am Stammtisch der CDU Schwachhausen vor. Der aufstrebende CDU-Politiker (im Hauptberuf Busfahrer) wurde jetzt von der Bürgerschaft einstimmig für die CDU in den Landesrundfunkausschuss gewählt und sitzt im Vorstand des Bremer Fußballvereins KSV Vatan. Am Montagabend erzählte der konservative deutsche Türke aus seiner Sichtweise von den Vorurteile der Deutschen den Türken gegenüber.
Gleich als Erstes hakte er bei Henkels Bemerkung ein: Auch die Deutschen dächten in Klischees, „sie glauben, wir haben alle Kopftücher auf“ sagte der lächelnde Mann zu den 15 Zuhörern am Kneipentisch. „Die ersten Einwanderer aus der Türkei waren links, deswegen haben die Deutschen jetzt ein schräges Bild von den Türken.“ Die meisten Extremisten wären aber Kurden. „In Wirklichkeit sind die meisten Türken konservativ“, behauptet Yurtgüven.
Deswegen wäre die CDU als rechte Partei auch bei vielen Türken beliebt. Henkel, der den Sozialausschüssen (CDA) der CDU angehört, polterte: „Wir sind nicht rechts!“ Yurtgüven beschwichtigte: „Rechts sein, heißt nicht, undemokratisch sein. Ich grenze mich von den Linken ab, weil ich konservative Werte habe.“ Daraufhin erhob sich unter den anwesenden CDUlern ein gewisses Gebrabbel – schlussendlich einigte man sich darauf, dass man sich eigentlich doch als „rechts“ bezeichnen könne.
Yurtgüven fuhr fort: „Die Türken sind hier in den Kindergarten gegangen, zur Schule und so weiter – wir verhalten uns wie Deutsche.“ Im Gegensatz zu später gekommenen Arabern und Aussiedlern. Er kritisierte, dass diese nach der Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes nun viel zu leicht die deutsche Staatsangehörigkeit kriegen könnten. Die Türken dagegen hätten dafür 30 Jahre lang schuften müssen.
Das Thema Ausländerkriminalität war der CDU besonders wichtig. Yurtgüven meinte, alle rechtschaffenden Türken wären auch dafür, kriminelle Ausländer abzuschieben. Mit kulturellen Angeboten im KSV Vatan (450 Mitglieder, ehemals Oberliga) versucht Yurtgüven gegen das Absinken der Jugend in Kriminalität und Fundamentalismus vorzugehen.
Immer wieder kam Yurtgüven in dem Gespräch darauf zurück, dass ja schon die Preußen und die Osmanen bestens zusammengearbeitet hätten. Daher stamme auch die große Loyalität der Türken zu Deutschland. CDU-Mann Henkel wies darauf hin, dass es doch große Gemeinsamkeiten zwischen Türken und der CDU gebe und nannte als Beispiel die hohe Bedeutung der Familienpolitik für die CDU und das traditionelle Familienleben der Türken: Die alten Leute würden bei ihnen noch mit Handkuss begrüßt. Yurtgüven: „Eine deutsche Freundin von mir meinte, das sei altbacken.“
Dazu eine ältere CDU-Frau: „Aber das ist dann doch in der Türkei die türkische Leitkultur! Ich finde das ungezogen, wenn man so ein Verhalten als altbacken bezeichnet.“ Und so redete man den ganzen Abend aneinander vorbei.
Tom Brägelmann
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