: Ein Toter und 13 Verletzte bei neuem Anschlag
In Jerusalem sprengt sich wieder ein palästinensischer Selbstmordattentäter in die Luft. Javier Solana wird am Tatort mit Buhrufen empfangen
JERUSALEM taz ■ Gegen acht Uhr hat sich gestern Morgen in Jerusalem ein als ultraorthodoxer Jude verkleideter palästinensischer Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Dabei kam er ums Leben, 13 weitere Menschen wurden überwiegend leicht verletzt. Passanten hatten den Behörden eine „verdächtige Person“ gemeldet, die eine in einem Rucksatz untergebrachte Bombe zündete, als zwei Soldaten die Identität überprüfen wollten. Die Explosion ereignete sich in einem religiösen Wohnviertel in unmittelbarer Nähe eines Krankenhauses. Dort waren bereits vor kurzem 15 Menschen bei einem Anschlag getötet worden.
Beim Besuch des Tatortes wurde der außenpolitische EU-Beauftragte Javier Solana, der sich bis gestern Abend in Israel aufhielt, von aufgebrachten Demonstranten mit Buhrufen empfangen. „Geh zurück nach Durban!“, hieß es, und: „Antisemit“. Am Vorabend hatte die israelische Delegation die Weltkonferenz gegen Rassismus in Südafrika verlassen. In einem Treffen mit Solana sprach Israels Außenminister Schimon Peres von einem „Festival des Hasses gegen den Staat Israel“.
Die antiisraelische „Hetze“ wurde im Jerusalemer Außenministerium mit als Grund für das Attentat bezeichnet. Bereits in der Nacht zum Montag waren vier Sprengsätze in Jerusalem gefunden worden. Im Gegenzug attackierte die israelische Luftwaffe ein palästinensisches Verwaltungsbüro in Hebron. Zwei Palästinenser starben an den Folgen von Schussverletzungen. Der inländische Nachrichtendienst Schabak gab unterdessen die Verhaftung von drei Aktivisten der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) bekannt, die für mehrere Sprengstoffattentate in Jerusalem verantwortlich gewesen sein sollen.
Trotz der neuen Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern werden die Bemühungen um ein Treffen zwischen Peres und Palästinenserpräsident Jassir Arafat fortgesetzt. Der Außenminister warnte Arafat, er werde mit Gewalt nichts erreichen, und forderte ihn auf, die Verhandlungen wieder aufzunehmen. In Jerusalem sind die Hoffnungen auf einen schnellen Erfolg indes gedämpft. „Mit einem Treffen wird es nicht getan sein“, hieß es im Außenministerium, wo man auf eine „Serie von Gesprächen“ hofft. Aus dem palästinensischen Informationsministerium verlautete, dass das Treffen „wenn überhaupt“ erst in der kommenden Woche stattfinden wird.
Premierminister Ariel Scharon, der derzeit Moskau besucht, machte Arafat persönlich für das neue Attentat verantwortlich. Dass der Palästinenserführer in der Lage sei, für Ruhe zu sorgen, zeige das Beispiel Beit Dschala, von wo aus seit dem Waffenstillstandsabkommen in der vergangenen Woche nicht mehr geschossen wird.
Scharon appellierte auch an seine russischen Gesprächspartner, ihren Einfluss auf Arafat geltend zu machen, damit dieser die Gewalt beende. Desweiteren stand der Export russischer Rüstungstechnologie an den Iran auf der Agenda sowie die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Israel und Russland.
SUSANNE KNAUL
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