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Sozialhilfe – Job – Karriere

■ Andere Städte haben es vorgemacht, jetzt versucht Bremen ähnliche Wege zu gehen, um die Zahl der Sozialhilfe-Empfänger zu reduzieren

Die Referenzstädte der Sozialhilfe-Experten liegen in aller Welt verstreut: Malmö (Schweden), L.A., oder auch Offenbach. Städte jedenfalls, in denen es irgendwann „nicht mehr so weiterging“ mit den Sozialausgaben, dem Anstieg der Arbeitslosigkeit, den leeren Haushaltskassen. In Malmö ist die Werftindustrie zusammengebrochen. Offenbach wuchsen die Schulden über den Kopf. Städte wie Bremen also.

In Malmö, L.A. und Offenbach wurden aber bereits vor Jahren die Sozial-systeme erfolgreich umgebaut. Ein Großteil der Sozialhilfe-EmpfängerInnen sind damit inzwischen auf dem ersten Arbeitsmarkt vermittelt worden. Vorbilder für Bremen also? Jetzt, wo hier die Neustrukturierung der Sozialämter ansteht? Wo „fördern und fordern“, „Hilfe zur Selbsthilfe“ die neuen Direktiven sind?

Gestern war Gelegenheit, die Tauglichkeit solcher Modelle für die Hansestadt zu überprüfen. Einen ganzen Tag hatte Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD) Experten aus England, Norwegen, Schweden und den USA für einen Blick über die Grenzen eingeladen. Die Fachtagung sollte klären, „wie erfolgreich Sozialfhilfe-EmpfängerInnen wieder in Arbeit gebracht werden können.“ Ohne gleich die Hardliner-Modelle aus Wisconsin (USA) zu importieren.

Beispiel Offenbach: Rund 50 Prozent der Hilfe-Empfänger konnte die Sozialbehörde in den Arbeitsmarkt integrieren. „Viel mehr scheint nicht möglich zu sein. 50 Prozent ist die Schallmauer“, weiß Matthias Schulze-Böing. Um überhaupt so viel zu erreichen, musste die Kommune allerdings erstmal tief in die Tasche greifen: Allein 60 Mitarbeiter wurden zusätzlich eingestellt, um eine intensivere Beratung überhaupt leisten zu können.

„Ohne Verbindlichkeiten, ohne Zwang“ wäre allerdings nicht viel passiert – da müsse man sich nichts vormachen, meint der Wissenschaftler. Druck sowohl bei den Hilfe-Empfängern, mit denen exakte Förder-Verträge ausgearbeitet wurden, als auch für die Behörden-Mitarbeiter, die immer wieder motiviert werden mussten. „Staatliche Behörden haben ja sonst die Tendenz, in die Normal-Lage zurückzufallen.“ Offenbach konnte so pro Jahr immerhin 2,5 bis drei Millionen Mark an Stütze sparen.

Beispiel Malmö: Dort hatte der Deutsche Jürgen Lindemann Arbeitsamt, Sozialbehörde und Krankenkassen an einen Tisch geholt. Vorher hatte sich das Arbeitsamt um die Arbeitslosen gekümmert, die Sozialbehörde um die Sozialhilfe-Empfänger. „Mit den jeweils anderen wollte man nichts zu tun haben.“

Langfristige Perspektiven sollten mit den Hilfe-Empfängern entwickelt werden: „A job, a better job, a career.“ Es ging nicht mehr darum zu gucken, was der Mensch nicht kann, sondern zu gucken, was er kann, was man ausbauen kann, sagt Lindemann. Eine Perspektive zu entwickeln, Aufstiegsleitern zu bauen, damit nach Jahren auch besser bezahlte Jobs erreicht werden können.

Aber auch das wird nicht unbedingt reichen. „Wenn es keine Arbeitsplätze gibt, nützen die besten Case-Manager nichts“, kritisiert der Arbeitssoziologe Rolf Heinze von der Uni Bochum. Nicht nur Arbeitsamt und Sozialamt müssen an einen Tisch – auch die Industrie, Handel und Handwerk. Wirtschaftsförderung müsse miteinbezogen werden. Die Stadtentwickler mitplanen. Umfassende Netze seien gefragt.

In Malmö wurde zum Beispiel eine neue Uni gebaut, um das Ausbildungsniveau zu steigern, und um die Attraktivität der Stadt zu erhöhen. Im Gegensatz dazu bringe es wenig, die Hilfe-Empfänger in Billig-Wohnungen zu drängen wie Bremen gerade im Modellprojekt erprobt hat, meint Heinze. Das erspare zwar dem Sozialamt teure Miete, produziert aber „die Ghettos von morgen“ und noch stärkere Stadtflucht.

Dorothee Krumpipe

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