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: Trainer ohne Schein

Loddar liebt Wiener

Allmächt! Jetzt ist uns Loddar doch tatsächlich Trainer geworden, wenn auch zunächst nur in Österreich, bei der Rapid in Wien. Das heißt: Trainer ist er dort gar nicht, sondern Sportdirektor, was sich gleich noch eine Nummer glanzvoller anhört, in erster Linie aber damit zu tun hat, dass es Loddar schlichtweg an der nötigen Lizenz fehlt, um sich ganz offiziell Trainer nennen zu dürfen, selbst in Austria geht das nicht einfach so. Andererseits kann das einen wie Loddar nicht bremsen, den mittlerweile 40-Jährigen hat ja noch nie etwas aufhalten können. Schließlich hat kein anderer Mann auf der Welt 150 Fußball-Länderspiele für sein Land bestritten, ist dabei Weltmeister geworden, zwei Mal Weltfußballer und deutscher Meister natürlich gleich in Serie, hat in Mailand gekickt und in den USA, hat ein Tagebuch geschrieben, das prompt zum Bestseller wurde, sich eine junge, hübsche Frau genommen und ist mit ihr nach New York gezogen, um morgens im Central Park joggen zu gehen und abends auch noch ins Ballett.

Da darf man sich nun wirklich nicht darüber wundern, dass sie Loddar gestern bei seiner Antrittspressekonferenz in Wien empfangen haben, wie es sich für einen Loddar gehört: Mit Fanfarenklängen. Und Loddar wiederum hat allen eine Freude gemacht, weil er gleich im Rapid-Sakko erschienen ist und so schöne Sätze gesagt hat wie: „Ich mag die Wiener. Ich hoffe, die mögen mich irgendwann auch mal.“ Oder: „Ich glaube, dass ich sehr gut zu diesem Verein passe.“

Wobei Loddar letzteres Statement eher aus Höflichkeit gesagt haben dürfte denn aus felsenfester Überzeugung, schließlich ist Rapid derzeit mit Rang sechs und neun Punkten Rückstand auf Tabellenführer Tirol kaum mehr als Mittelmaß, was nun ganz und gar nicht zu Loddar passt. Aber dafür ist er ja nach Wien gegangen: um das zu ändern, schon durch seine pure Anwesenheit. „Es sind Perspektiven vorhanden“, hat Loddar gestern nur – und bescheiden wie er ist – gesagt, und alle im festlichen Saal haben sofort und ganz genau gewusst, was er damit meint.

So ist das halt, wenn einen die Aura des Erfolgs umweht. Und natürlich lässt sich Loddar diese entlohnen, mit unbestätigten 1,6 Millionen Mark im Jahr, was nur angemessen erscheint für einen wie ihn. Und sich für Rapid natürlich locker refinanziert. „Wir erwarten einen Motivationsschub auf allen Ebenen im Verein“, sagt Vizepräsident Peter Weber, allein beim Karten- und Fanartikelverkauf wird Loddar Rapid mühelos in ganz neue Dimensionen hieven. Wobei es natürlich bedauerlich ist, dass sich Loddar nicht selbst nochmal das Leibchen überstülpt für die Grün-Weißen, weil sein Trikot selbstredend zum absoluten Top-Renner würde bei der Rapid-Anhängerschaft. Von einem Trainer hingegen gibt es wenig, was man den Fans andrehen kann. Zumal Loddar ja selbst noch keinen Trainerschein sein eigen nennt.

FRANK KETTERER