DIE NATO WIRD NOCH LANGE IN MAZEDONIEN BLEIBEN MÜSSEN: Für eine friedliche Koexistenz
Seit zwei Tagen warten die Mazedonier und die Nato auf eine Entscheidung des mazedonischen Parlaments über die geplante Verfassungsreform. Das ganze Hickhack der Debatten muss zu denken geben. Denn es ging ja in den letzten Tagen noch nicht einmal um die Verfassungsänderungen, sondern lediglich darum, einer Kommission einen Auftrag zu geben: Sie soll nämlich die konkreten Vorschläge erst erarbeiten, mit denen die Bestimmungen des Abkommens von Ohrid in die Verfassung einzubinden sind.
Das mag schon eine Heidenarbeit werden – man erinnere sich nur, welche komplexen Diskussionen die kleinsten Verfassungsänderungen bei uns schon ausgelöst haben. In Mazedonien aber steht noch viel mehr auf dem Spiel.
Es geht immerhin um das künftige Gefüge – um die Frage, wie die beiden größten Bevölkerungsgruppen, die slawischen und die albanischen Mazedonier, in einem Staat koexistieren und hoffentlich wieder zusammen leben können. Der Krieg war ja nur ein Zeichen für die lange vorhandenen Spannungen, die, obwohl lange Zeit von internationaler Seite ignoriert, mit dem Abkommen von Ohrid anerkannt und unter Mithilfe der internationalen Gemeinschaft gelöst werden sollen.
Nach den ersten Debatten ist es keineswegs sicher, ob der in Ohrid vereinbarte Plan auch umgesetzt werden kann. Denn die Widerstände sind groß. Gegen die Verfassungsänderungen agieren die slawischmazedonischen Nationalisten im Parlament, und auch der größte Teil eines durch lokale Medien desinformierten Publikums steht der Reform kritisch gegenüber. Politiker wie Bürger könnten durchaus das parlamentarische Prozedere durch die Geschäftsordnung oder durch Demonstrationen verschleppen. Der Stichtag 27. September für den Abschluss des Prozesses scheint auf jeden Fall zu früh angesetzt.
Es wäre für die internationale Gemeinschaft und damit auch für die Nato-Staaten ehrlicher, wenn sie trotz des positiven Ausgangs der gestrigen Abstimmung die Unwägbarkeiten zugeben – statt lediglich im Kolonialherrenstil Druck auf die mazedonischen Politiker auszuüben.
Die Reform, soll sie tatsächlich etwas bewegen, muss vor allem von der slawischen Bevölkerung mitgetragen werden. Dafür ist ein längerer Prozess notwendig. Die albanische Bevölkerung erhofft sich, in Zukunft vor Übergriffen der Polizei und der Armee geschützt zu werden. Deshalb werden nicht nur Beobachter und Berater, wie in Moskau besprochen, sondern auch Nato-Soldaten im Lande bleiben müssen. Die Erfahrungen aus Bosnien und dem Kosovo lehren, dass ihr Abzug ein falsches Signal und viel zu riskant wäre. ERICH RATHFELDER
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