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Loks, Motoren, Sorgen

■ Das gefährdete Ausbesserungswerk zeigte sich von seiner besten Seite

Der dreijährige Jasper schaut gebannt, wie Bahner an zwei Kränen eine Diesellokomotive schweben lassen. Langsam senken sie die 60 Tonnen auf acht Rädern und vier Achsen – Routine, die die Bahner am Samstag allen vorgeführt haben, die's interessiert: Das Ausbesserungswerk in Sebaldsbrück hatte zum Bahntag seine Tore geöffnet. Rund 30.000 BesucherInnen sind gekommen.

Die Existenz des Werkes ist in Gefahr: Zwar scheint die Schließung – die Bahn AG will bei ihren Instandhaltungswerken rationalisieren – erstmal abgewendet, aber der Verlust von Arbeitsplätzen steht dennoch an.

Am Samstag ist das für die meisten Nebensache. Die Männer im Werk zeigen, wie abgefahrene Räder neue Bandagen bekommen, um einen sicheren Lauf zu gewährleisten. Mit UV-Strahlen wird jedes Rad kontrolliert.

Eine knallrote, gut 20 Meter lange Diesellok vom Typ 218 lockt viele Besucher in den Führerstand. Die Lok ist ein Prototyp: Die Karosserie der dreißig Jahre alten Ursprungslok wird übernommen, die technische Ausstattung komplett ersetzt. So entsteht eine Lok, die mit zwei Millionen Mark nur halb so viel wie eine fabrikneue kostet. Gerade für Privatbahnen soll diese Lok attraktiv werden – so will das Werk neue Geschäftsfelder erschließen. Der Bestand an Diesellokomotiven bei der Bahn AG sinkt – somit auch der Bedarf an Instandsetzung.

Der Betriebsrat verkauft unterdessen Kaffee und Kuchen, um Geld für Arbeitskämpfe zu sammeln. Betriebsrat Peter Nowack urteilt zum geplanten Stellenabbau im Werk: „Der geplante Abbau von 572 Stellen bis 2005 ist ein Schließen auf Raten, die Fixkosten werden unser Werk dann kaputtmachen.“

Nebenan geht die Show weiter. Youngster Jasper gefällt's im Ausbesserungswerk, am besten war's, beim Lokführer kurz mitfahren zu dürfen. Was er mal werden will? Lokführer, das ist doch wohl klar. kl

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