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Die Aktion der australischen Eliteeinheit war ungesetzlich

Auch bei einem endgültigen Erfolg vor Gericht könnten die Flüchtlinge wieder auf der öden Pazifikinsel Nauru landen. UNHCR sucht weiter Länder für eine endgültige Aufnahme

FREIBURG taz ■ Ein australischer Bundesrichter hat Bewegung in die „Tampa“-Affäre gebracht. Nach dem Urteil von Anthony North war die militärische Festsetzung der 433 Flüchtlinge auf dem norwegischen Frachter „Tampa“ rechtswidrig. Wenn das Berufungsgericht in Melbourne heute ähnlich entscheidet, können die überwiegend afghanischen Flüchtlinge noch in dieser Woche australischen Boden betreten.

Am 29. August hatte eine Eliteeinheit der australischen Marine die „Tampa“ geentert. Sie wollte damit sicherstellen, dass der norwegische Kapitän nicht die Hoheitsgewässer der zu Australien gehörenden Weihnachtsinsel ansteuert. Richter North wertete dies als faktische Inhaftierung der Flüchtlinge, für die keine gesetzliche Grundlage bestanden habe. Ein kurzfristiger Versuch von Premierminister John Howard, noch ein entsprechendes Gesetz zu schaffen, war im australischen Senat gescheitert.

Vor Gericht hatte die Regierung bestritten, dass die Flüchtlinge auf der „Tampa“ ihrer Freiheit beraubt waren. Doch Richter North machte klar, dass die Weiterfahrt nach Papua-Neuguinea den Menschen lediglich aufoktroyiert wurde. Offen ließ der Richter, ob ein Seenotstand vorlag, der Australien nach Völkergewohnheitsrecht zur vorläufigen Aufnahme der Flüchtlinge gezwungen hätte. Es sei jedenfalls nicht zu erwarten gewesen, so North, dass der Frachter die Fahrt fortsetzen wird.

Den Richterspruch hatte der Bürgerrechtler Eric Vadarlis vom Victorian Council for Civil Liberties erstritten. Die Organisation hatte schon am 2. September eine einstweilige Verfügung zu Gunsten der Flüchtlinge erwirkt. Die Marine hätte die Flüchtlinge demnach nicht nach Papua-Neuguinea und Nauru bringen dürfen. Außergerichtlich einigte man sich jedoch darauf, dass das Marineschiff „Manoora“ erst mal starten darf. Im Gegenzug versprach die Regierung, die Flüchtlinge zurückzuholen, wenn sie vor Gericht verliert. Danach sieht es derzeit aus.

Wie es dann weitergeht, ist völlig unklar. Es ist jedenfalls nicht sicher, dass die Flüchtlinge in Australien bleiben. Nach der Genfer Flüchtlingskonvention, die Australien unterschrieben hat, ist nur garantiert, dass sie nicht nach Afghanistan zurückgeschickt werden dürfen. Wo ein Asylverfahren durchgeführt wird und wo die Flüchtlinge, die zumeist wohl mit einer Anerkennung rechnen können, am Ende angesiedelt werden, ist offen.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR verlangt vor allem drei Schritte. Zuerst müssten die Flüchtlinge an Land gehen können, dann müsse ein Asylverfahren, das internationalen Anforderungen genügt, durchgeführt werden. Anschließend will der UNHCR Aufnahmeländer für die anerkannten Flüchtlinge suchen.

Es läge natürlich nahe, das Asylverfahren in Australien durchzuführen, denkbar ist aber auch, dass Premierminister John Howard an seinem Plan festhält, die Statusprüfung auf der öden Pazifikinsel Nauru abzuwickeln. Naura hat bereits beim UNHCR um Unterstützung gebeten. CHRISTIAN RATH

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