: Verhinderten Passagiere größere Katastrophe?
Nur ein Flugzeug stürzte in unbewohntes Gebiet. Vorher möglicherweise Kampf an Bord. Passagiere hatten von Anschlägen in New York erfahren
WASHINGTON/BERLIN taz ■ Als die Passagiere an Bord des United Airlines-Fluges 93 erfuhren, dass eine andere Maschine ins World Trade Center gerast war, fassten sie einen Beschluss: Wenn wir sterben müssen, dann wenigstens eine noch größere Katastrophe verhindern. Dies ist der Heldenpart in der Tragödie des vergangenen Dienstags. Glaubwürdig, sagt ein FBI-Mann: „Aber wie kann man sicher sein?“ Dafür, dass es sich tatsächlich so abspielte, sprechen mehrere Handy-Anrufe, die Passagiere bei ihren Angehörigen machten. Und die Tatsache, dass die Boeing 757 als einzige der vier Maschinen auf unbewohntes Gebiet südöstlich von Pittsburgh abstürzte – und nicht in ein Gebäude raste.
Flug 93 hebt um 8.44 Uhr Ortszeit in Newark/New Jersey ab. Fast eine Stunde geht es wie geplant in Richtung Westen. Um 9.37 Uhr dreht die Maschine und fliegt zurück. Danach bekommen Angehörige der Passagiere Anrufe. Einer ist Jeremy Glick. Seine Frau Lyzbeth erzählt später, er habe von drei Männern berichtet, die das Cockpit besetzt hielten. Mit Messern und einer roten Kiste, die sie als Bombe bezeichneten. Sie sähen aus, als kämen sie aus dem Nahen Osten, und trügen rote Stirnbänder. Seine Frau berichtet ihm vom Absturz im World Trade Center.
Auch Thomas E. Burnett ruft seine Frau Deena an. Der 38-jährige meldet sich viermal. Sie berichtet später, er habe mehr wissen wollen über die Ereignisse in New York. Um seine Situation mit den Informationen von draußen zu einem Bild zusammenzufügen. Und zu reagieren.
Stimmen die Berichte, müssen die Passagiere irgendwann den Beschluss gefasst haben, die Entführer zu stoppen. Ob – und wenn ja, wie – sie das schafften, ist unklar. Jedenfalls änderte die Maschine innerhalb von Minuten mehrmals ihren Kurs: West, Nord und wieder West. Noch einmal mindestens zwei ruckartige Manöver vor dem Absturz.
Von den US-Behörden hieß es, die Terroristen wollten die Maschine möglicherweise nach Camp David fliegen. Der Feriensitz des Präsidenten liegt rund 135 Kilometer vom Trümmelfeld entfernt. Andere spekulierten, das Weiße Haus sei Ziel gewesen.
Das letzte Telefonat von Deena Burnett mit ihrem Mann: „Ich bat ihn, sich bitte hinzusetzen und nicht die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Aber er sagte: Nein, nein. ‚Wenn sie das Flugzeug nach unten steuern, dann müssen wir etwas tun.‘ Dann legte er auf und rief nie zurück.“ Die Boeing stürzte kurz nach 10 Uhr ab. GEORG LÖWISCH
QUELLEN: AP, „NEW YORK TIMES“, „WASHINGTON POST“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen