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Stierkampf . . .

. . . gibt es, außer in Spanien, naheliegenderweise auch in Südamerika. Und es gibt ihn in Portugal und Südfrankreich, wo er allerdings keine tödliche Angelegenheit ist. Der spanische Stierkampf sieht zwar auch die Möglichkeit vor, dass der Stier – wenn er besonders gut gekämpft hat – „begnadigt“ wird, aber das ist die extreme Ausnahme bei diesem Ritual, dessen Essenz der Tod ist.

Die Ursprünge des Stierkampfs reichen bis ins Altertum zurück, vermutlich bis zum Reich von Tartessos, welches die südwestspanische Region um Cádiz, Sevilla, Huelva und Córdoba umfasste und seine Blütezeit etwa ein halbes Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung erreichte. Kultische Bedeutung hatten Stiere sowohl in Griechenland als auch in Ägypten. Auch die Bibel berichtet von Stieropfern zu Ehren der „göttlichen Gerechtigkeit“.

Im Mittelalter war der Stierkampf dem Adel vorbehalten. Er wurde zu Pferd ausgeübt und diente zunächst als militärische Übung, später als Sport. Mit dem Abstieg der Aristokratie im 18. Jahrhundert übernahm das Volk die Gepflogenheit, gekämpft wurde nun aber zu Fuß. Die erste Stierkampfarena wurde 1749 erbaut.

Unter Karl IV., von 1788 bis 1808 spanischer König, wurde der Stierkampf verboten, sein Sohn Ferdinand VII. (1814–1833) hob das Verbot wieder auf und ließ in Sevilla die erste Stierkampfschule Spaniens eröffnen. Der heute amtierende König, Juan Carlos, gilt als Anhänger des Stierkampfs. In einer Rede in der Madrider Arena Las Ventas (www.las-ventas.com) 1989 rief er die Spanier dazu auf, ihren Nationalsport gegen die europäischen Forderungen nach einem Verbot zu verteidigen. Im Amsterdamer EU-Vertrag von 1997 wurde der Stierkampf als Kultursport verankert.

Dies und die Tatsache, dass Stierkampfzüchter von der EU Subventionen erhalten, erregt den besonderen Zorn der Stierkampfgegner und Tierschützer. Für sie handelt es sich um nichts anderes als eine Hinrichtungsgaudi. Sie berichten, dass den Stieren vor dem Kampf wochenlang schwere Gewichte um den Hals gehängt werden; dass ihnen die Nase tamponiert wird, um das Atmen zu erschweren; dass in die Hoden Nadeln gesteckt werden, um die Tiere durch Schmerzen „scharf zu machen“.

In Spanien finden jährlich etwa sechshundert Stierkämpfe statt, jeweils sechs Stiere werden dabei getötet. Schätzungsweise zweihunderttausend Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt davon ab.

Tatsächlich gibt es Anzeichen für einen schleichenden Niedergang des Stierkampfs, selbst wenn der Toro nach wie vor das authentische Symbol für Spanien ist und praktisch an jeder Straßenecke als Emblem zu sehen ist. Da ist zum einen die EU-Richtlinie vom Jahresanfang, die im Zuge der BSE-Krise die Vermarktung des Fleischs der getöteten Kampfstiere verbietet und damit eine wichtige Einnahmequelle zum Versiegen gebracht hat. Die Toreros drohten deshalb sogar mit einem Streik, führten ihn dann aber – wiederum zum Ärger der Tierschützer – nicht durch.

Und da sind zum anderen die Degenerationserscheinungen des Kampfes selbst, der immer mehr von seiner heroischen Aura einbüßt. Im Sommer etwa kam es zum Skandal, als sich während eines Stierkampfs ein Matador weigerte, den Stier zu töten, weil das Tier angeblich zu „zahm“ und damit nicht kampftauglich gewesen sei. Möglicherweise hatte der Mann aber ganz einfach nur Angst. VK

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