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■ H.G. HolleinNeuer Markt

Die Frau, mit der ich lebe, will gehen. Mit der Zeit. Will sagen, ein trendy Handy soll her. Angesichts der Körpergröße der Gefährtin hielte ich ja die italienische Variante – ein Telefonino – für angemessen, aber das käme vermutlich nicht so richtig gut. Also gilt es, sich schlau zu machen, was der Markt für die kommunikationstechnische Hochrüstung der Gefährtin bereithält. Mein Blick fiel zuerst auf den „sprechenden Handybär“. Der bewegt laut Beipackzettel „Maul und Kopf synchron zu den Worten des Anrufers“. Das wäre doch schon mal was. Dazu gehört allerdings als unverzichtbares „must“ die Mobil-Sprechgarnitur mit aufrollbarem Kabel. Hat sie doch „in jeder Tasche Platz oder wird einfach am Gürtel befestigt“. Knifflig – und gleich in dreierlei Hinsicht. Erstens geht die Gefährtin ungegürtet durchs Leben, zweitens kennen die Hersteller die Tasche der Gefährtin nicht, und drittens sehe ich schon, wie sich die Gefährtin nach dem ersten Gespräch „bequem automatisch per Knopfdruck“ erdrosselt. Aber wie wäre es stattdessen mit „2000 hocherotischen, voll digitalisierten Handy-Logos“? Die sorgen bei der Gefährtin doch sicher für eine angenehme Gesprächsatmosphäre. Verwerfen muss ich dagegen die Anschaffung eines „Handy-Liegestuhls“ für den Schreibtisch der Gefährtin. „Blau mit gelbem Sitz und in drei Stufen verstellbar“ – so viel Komfort genieße nicht mal ich in unserer Wohnung. Wie viel nützlicher ist dagegen der „Infrarot-Dongle IR-520S“! Das Teil ist fürwahr eine Revolution der Telekommunikation, überträgt es doch Daten glatt „drahtlos bis zu 3 Meter weit“. Das würde auch so ungefähr dem Bewegungsimpuls der Gefährtin entsprechen. A propos Bewegung: Wenn ich's recht bedenke, lasse ich es am besten mit einer „Watch Caller Vibrationsuhr“ bewenden. Die, sagt der Hersteller, „sieht einfach toll aus“, und die Gefährtin geht dann endlich mit der Zeit.

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