Taliban-Gegner führungslos

Nach tagelangen Spekulationen über das Schicksal von Ahmad Schah Massud bestätigt die afghanische Nordallianz jetzt den Tod ihres charismatischen Militärchefs

DELHI taz ■ Der militärische Führer der afghanischen Nordallianz, Ahmad Schah Massud, ist tot. Am Samstag bestätigte A. Abdullah, der Sprecher Massuds, dass der Führer der Taliban-Gegner am Samstagmorgen den Verletzungen des Attentats vom 9. September erlegen war. Damit endeten die widersprüchlichen Meldungen, die kurz nach dem Selbstmordanschlag von zwei als marrokanische Journalisten getarnten Attentätern auf den legendären Mudschaheddin-Führer begonnen hatten.

Russische und US-Quellen hatten bereits am Montag behauptet, Massud sei den schweren Verletzungen erlegen. Seine Anhänger hielten dagegen fünf Tage hartnäckig daran fest, dass ihr Militärchef nur verwundet sei. Massud sollte noch gestern in seinem Heimatdorf Basarak im Panschir-Tal begraben werden. Abdullah machte Ussama Bin Laden für den Mord verantwortlich. Auch die Präsidentin des Europa-Parlaments, Nicole Fontaine, sagte, dass das Attentat der gleichen Strategie entspringe wie jene vom Dienstag in Washington und New York.

Zum Nachfolger Massuds ernannte die Nordallianz den 44-jährigen Mohammed Fahim Khan, einen engen Berater Massuds. Er ist aber unter den Mudschaheddin-Führern bisher kaum in Erscheinung getreten. Vielleicht hing dies mit seiner Funktion als Sicherheitschef der Allianz zusammen, was er bereits sein neun Jahren war.

Massuds Tod kommt in einem für die Zukunft Afghanistans vielleicht entscheidenden Augenblick. Falls die USA ihre Absicht verwirklichen, auch gegen die Schutzmächte der Attentäter vom 11. September vorzugehen, steht ihr Kriegseintritt in Afghanistan bevor. Dies könnte die militärische Kraft der Gotteskrieger entscheidend schwächen und der Nordallianz eine neue Chance geben. Sie ist in den letzten Jahren durch Verrat, Überläufer und militärische Niederlagen immer mehr geschwächt und auf die Provinzen Tachar und Badachschan zurückgedrängt worden. Sollte die UNO eine Unterstützung der Taliban-Gegner absegnen, könnte dies zu massiven Waffenlieferungen und anderem militärischem Beistand führen. BERNARD IMHASLY