Rückzug aus Jericho

Bislang hält die Waffenruhe zwischen Palästinensern und Israelis. Doch Hamas und Islamischer Dschihad haben sie für bedeutungslos erklärt

JERUSALEM taz ■ Am ersten Tag nach dem Aufruf von Palästinenserpräsident Jassir Arafat zur Waffenruhe am Dienstagnachmittag meldet der israelische Militärsprecher „völlige Ruhe“. Die Militärs zogen sich unterdessen aus den seit mehreren Tagen besetzten Städten Jericho und Dschenin zurück, wobei die Blockade zunächst bestehen blieb. Scheich Achmad Jassin, geistiger Mentor der radikal-islamischen Hamas-Bewegung im Gaza-Streifen, kündigte an, dass der Widerstand fortgesetzt werde, solange die Besatzung andauere. Auch für den Islamischen Dschihad (Heiliger Krieg) soll die erklärte Waffenruhe keine Bedeutung haben. Scheich Abdallah Schamai, geistiger Führer des Islamischen Dschihad, stellte allerdings die Einstellung von Übergriffen gegen israelische Zivilisten in Aussicht, wenn auch die israelischen Soldaten den Kampf gegen unbeteiligte Palästinenser beenden.

Jassir Arafat erklärte gestern vor Journalisten, dass die Feuerpause auch beibehalten werde, wenn die Israelis angreifen sollten. Umgekehrt wurden die israelischen Soldaten angewiesen, nur in unmittelbarer Lebensgefahr das Feuer zu eröffnen.

Bereits Anfang der Woche hatte Israels Premierminister Ariel Scharon angekündigt, sämtliche so genannten „präventiven Initiativschritte“, gemeint ist die Exekution möglicher Terroristen, einzustellen, wenn die Palästinenser ihre Übergriffe beenden. Noch kurz vor dem Aufruf Arafats war ein Palästinenser erschossen und zwei weitere verletzt worden, nachdem Soldaten das Feuer auf sie eröffnet hatten, als sie der Aufforderung, ihr Fahrzeug zu stoppen, nicht nachkamen.

Nach palästinensischen Informationen folgte Arafats Erklärung einem Treffen zwischen dem Palästinenserpräsidenten und Omri Scharon, dem Sohn des israelischen Premierministers, am Wochenende. Außenminister Schimon Peres hatte bereits am vergangenen Montag geplant, mit Arafat zusammenzutreffen. Das Treffen wird möglicherweise am kommenden Wochenende stattfinden. Schon heute sollen Vertreter der Sicherheitsdienste zusammenkommen. Die israelische Regierung hatte eine siebentägige Waffenpause vorausgesetzt, bevor mit der Umsetzung des von dem ehemaligen US-Senator George Mitchell erarbeiteten Plans begonnen werden könne.

SUSANNE KNAUL