Words upon America Jello Biafra in Town: Jello Biafra in Town
„Die Gesellschaft ist scheiße“, sagt der gemeine Punk auf der Straße und schnorrt sich ne Mark. „Die Gesellschaft ist scheiße“, sagt auch Jello Biafra. Der ist auch ein Punk, irgendwie jedenfalls. Zumindest ist er ein wütender Zeitgenosse. Und er ist der ehemalige Frontmann der „Dead Kennedys“, einer Punk-Combo aus San Francisco, die mit Titeln wie „Holiday In Cambodia“ oder „Kill The Poor“ die Reagan-Ära wenigstens musikalisch erträglich machte.
Doch: The Empire strikes back! Ein System, das dabei war, den Kommunismus zu besiegen, lässt sich nicht von einer Punk-Band in die politische Suppe spucken. Nach einem Gerichtsverfahren wegen Pornographie – es ging um ein Poster zum „Frankenchrist“-Album – war die Band ruiniert. Sie löste sich 1986 auf.Initiiert hatte die Anti-„Kennedys“-Kampagne unter anderem der als liberal geltende Al Gore, damals Senator. Chefankläger Michael Guarino sieht heute ein, dass das Verfahren eine Dummheit war. Die „Strafe“ erhält er von seinem Sohn: Zu Hause gibt es „Dead Kennedys“-Songs bis zum Abwinken.
Nach dem Band-Crash macht Mr. Biafra alleine weiter – als „Spoken Word-Artist“, der gegen die herrschenden Verhältnisse anredet und -schreit... Das hat was von Sisyphos. Camus sagte: „Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“ Ob Jello Biafra glücklich ist, weiß nur er. Seinen Stein rollt der 43-Jährige jedenfalls lautstark und witzig – „Rappen gegen den Ist-Zustand“ nennt sich das. Gegen den Ist-Zustand, gegen Globalisierung, Internet und die Grünen – amerikanische und deutsche – rappt Biafra morgen auch im Bremer Schlachthof. Interessant wird sicher, wie er auf die Anschläge in New York und Washington eingehen wird.Wie ein TV-Prediger spricht er sich in seinen Shows in Rage. So unterhält er auch ohne musikalische Begleitung: Mit scharfen Argumentationen und Agitation, fern jeden TV-Infotainment Gewäschs.
Bernhard Krebs
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