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Ein bisschen Bonbonpolitik für Pakistan

Zur Belohnung für Loyalität mit den USA erhält das bisher geächtete Land Entwicklungshilfe und Schuldenerleichterung

BERLIN taz ■ Länder, die sich gegen „den Terror“ positionieren, werden belohnt. Das erfuhr Ägypten 1991, als es sich im Golfkrieg auf die Seite der USA stellte: Plötzlich war ein umfassender Schuldenerlass für das Land kein Problem. Kurz zuvor hatten die Gläubigerstaaten dies noch abgelehnt, weil Ägypten bestimmte Kriterien nicht erfüllte.

Ähnlich großzügig wird Pakistan behandelt, seit die Regierung sich vom afghanischen Talibanregime distanziert. Zweitrangig erscheinen nun die Gründe, weshalb das Land in den letzten drei Jahren von Entwicklungshilfe weitgehend ausgeschlossen war: dass Pakistan das Abkommen über einen Atomteststopp nicht unterschreibt und dass das Land von einem Putschgeneral beherrscht wird.

Anfang der Woche unterzeichnete die US-Botschafterin Wendy Chamberlin mit dem pakistanischen Wirtschaftsminister Nawid Ashan ein Abkommen. Darin wird die Frist für die Rückzahlung von rund 375 Millionen Dollar US-Schulden auf 20 Jahre verlängert. Verglichen mit den 70 Milliarden Dollar Gesamtschulden Pakistans ist das allerdings nicht viel. So kritisieren die in der „Erlassjahrkampagne“ vereinten Entwicklungsverbände, Pakistan müsse weiter 3,3 Milliarden Dollar jährlich für Zinsen und Tilgungsraten aufbringen. Das ist mehr als die Hälfte aller staatlichen Einkünfte.

Japan und die EU schließen sich der finanziellen Hilfe an: 40 Millionen Dollar sagte der japanische Präsident Junichiro Koizumi zu. Eine eigens nach Islamabad gereiste EU-Delegation versprach 20 Millionen Euro „humanitäre Soforthilfe“. Außerden will die EU rund 200 Millionen Euro „eingefrorene“ Entwicklungshilfe freigeben und den europäischen Markt stärker für pakistanische Textilien öffnen. Schließlich versprachen die Europäer, sich beim Währungsfonds (IWF) für weitere Hilfen für Pakistan einzusetzen.

Bereits vor dem 11. September hat der IWF einen Sonderkredit über rund 2,5 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt. Der soll nun möglichst schnell gewährt werden. Er wird zur extrem niedrigen jährlichen Zinsrate von einem halben Prozent vergeben und ist fünfeinhalb Jahre rückzahlungsfrei. Im Gegenzug verpflichtet sich das Empfängerland, Wirtschaftsreformen durchzuführen und einen Plan zur Bekämpfung der Armut vorzulegen. „Pakistan erfüllt alle nötigen Bedingungen“, sagte IWF-Direktorin Anne Krueger am Montag in Washington.

Das Entwicklungshilfeministerium (BMZ) in Berlin will 15 Millionen Mark Soforthilfe für die afghanischen Flüchtlinge bereitstellen, die vor allem nach Pakistan kommen. Von den 3 Milliarden Mark Sondermittel zur Terrorbekämpfung erhält das BMZ 200 Millionen. Im Ministerium laufen „hektische Beratungen“ darüber, wie das Geld sinnvoll zu verwenden sei, berichtete gestern ein Referatsleiter. Eine kurzfristige Umorientierung bei der Auswahl der Partnerländer werde es nicht geben, sagte Staatssekretärin Uschi Eid (Grüne) der taz. „Sonst hinterlassen wir Ruinen.“ Mittelfristig müsse man „aufgeklärte arabische Staaten stärker stützen“.

Aus dem Finanzministerium ist zu hören, ein Schuldenerlass für Pakistan sei „ein Thema“, müsse aber mit den anderen Gläubigern abgestimmt werden. Die Bundesrepublik hat ihre 540 Millionen Mark Forderungen an Pakistan bereits im Mai umgeschuldet. KATHARINA KOUFEN

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