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Versuchsweise gesunder

Gesünder mit Heroin? Expertentagung zum Modellprojekt kontrollierter Abgabe  ■ Von Sandra Wilsdorf

Mathematik den Mathematikern, Politik den Politikern, Suchtmedizin den Suchtmedizinern: Bei einer Fachtagung zum Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung warnte Studienleiter Professor Michael Krausz gestern davor, die Zahl der Probanden aus politischen Gründen zu reduzieren. Ole von Beust hatte im Wahlkampf befunden, dass er 100 Teilnehmer an der Arzneimittelstudie zur kontrollierten Heroinabgabe für ausreichend hielte. Geplant sind 260, die bis zu dreimal am Tag das Opiat erhalten. Weitere 260 Schwerstabhängige sollen Methadon bekommen. Auch bei der psychosozialen Betreuung wird es zwei Ansätze geben. „Bei weniger Teilnehmern müsste das gesamte Design neu berechnet werden“, sagt Krausz. Und das würde die Studie gefährden.

Martin Köhler vom Bundesgesundheitsministerium warnt jedoch vor überzogenen Erwartungen, was die Auswirkungen auf die Kriminalitätsstatistik angeht: „Dafür ist die Gruppe von bundesweit 1100 Pro-banden zu klein.“ Außerdem gehe es primär darum, das Behandlungsspektrum für Schwerstabhängige zu erweitern, die von dem bisherigen Hilfesystem nicht erreicht werden, oder die neben Methadon andere Drogen konsumieren.

Letztere wird in Hamburg die größere Gruppe sein. Die Studienteilnehmer, die Methadon erhalten, werden dafür in die „Drogenambulanzen Hamburg GmbH“ kommen, eine Tochter des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK). Für die Heroinabgabe wird es einen speziell gesicherten separaten Standort geben, „den zu suchen haben wir Makler und Immobilienunternehmen beauftragt“, sagt LBK-Sprecher Siegmar Eligehausen.

Nun, da die Wahl vorbei ist und die Bekanntgabe eines Standortes nicht mehr wahlkämpferisch auszuschlachten ist, wird es wohl zügig voran gehen. Im Februar soll die Behandlung beginnen, ab November werden Studienteilnehmer geworben, in bestehenden Einrichtungen und mit Hilfe von Sozialarbeitern, die Abhängige in der Szene aufsuchen. Die gestern anwesenden Experten interessierte aber auch die Frage nach dem Danach. Was, wenn nach zwei Jahren Studiendauer herauskommt, dass kontrollierte Heroinabgabe den körperlichen und psychischen Gesamtzustand eindeutig verbessert? Das nämlich ist das primäre Kriterium für Erfolg oder Misserfolg. Wird es dann Heroin als Medikament geben?“, fragt einer den Vertreter des Bundesgesundheitsmi-nisteriums. „Es gibt die Möglichkeit eines Anschlusses“, sagt der und meint eine weitere Studie. Denn bevor aus dem Modellprojekt ein reguläres Hilfsangebot werden könnte, muss Heroin als Medikament zugelassen werden und die Kassen auch noch zur Kostenübernahme bereit sein. Dass beides direkt im Anschluss passiert, ist unwahrscheinlich.

Dabei glauben viele Experten aufgrund der Erfahrungen in der Schweiz und Großbritannien an einen Erfolg der Studie. Und Krausz ist sicher: „Jedes effektive Behandlungsangebot ist eine humane und kostengünstige Alternative“. Denn eine volkswirtschaftliche Kostenanalyse von Drogenabhängigkeit aus den USA beweise, dass zwei Drittel der Kosten durch Produktivitätsausfall und Strafverfolgung entstünden, aber nur sechs Prozent durch suchttherapeutische Aktivitäten.

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