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Die ganz perfekte grüne Ganztagsschule

Von Schröder bis Stoiber: Alle wollen Ganztagsschulen. Die Grünen gehen noch weiter und fordern „ganztägig geöffnete Schulen“, die mehr sein sollen als Paukanstalten. Tolle Idee. Bloß welcher Minister soll sie umsetzen?

BERLIN taz ■ Für dieses Bildungsthema hat sich sogar schon der Bundeskanzler persönlich stark gemacht: die Ganztagsschule. Als die SPD in Rheinland-Pfalz (auch) mit einem Programm für die Schule bis in den späten Nachmittag hinein die Landtagswahl im März gewann, bekam Gerhard Schröder leuchtende Augen – und legte als SPD-Chef die Ganztagsschule sofort seiner ganzen Partei ans Herz.

Jetzt hat Schröders kleiner, aber schlauer Koalitionspartner in Berlin sich des bildungspolitischen Renners angenommen. Und die Bündnisgrünen wissen es natürlich besser: Schule muss ganztags sein, klar, sagen sie. Aber es wäre „nichts furchtbarer“, so die bildungspolitische Vordenkerin der Grünen, Sybille Volkholz, „wenn man die jetzige Halbtagsschule einfach bis 16 Uhr verlängern würde“. Mit anderen Worten: Eine Ganztagsschule soll ganz anders aussehen als die normale Schule: Sie paukt nicht bloß, sie muss Freizeitangebote machen, sie soll sich öffnen, sie möge Eltern stärker einbeziehen. Ein Konzept dafür stellten die Grünen gestern vor.

Die Ökopartei nennt die Ganztagsschule erst mal anders und spricht von der „ganztägig geöffneten Schule“. Damit verbindet sich der ambitionierte Plan, „aus Schulen Lern- und Lebensorte zu machen“, wie Niombo Lomba sagte, die im sechsköpfigen grünen Bundesvorstand für Bildung zuständig ist. Die Idee wabert schon seit Hartmut von Hentigs erstem Buch durch die Schuldiskussion – ohne Chance auf eine breite Umsetzung. Jetzt sehen die Grünen die Chance, der Schule als Lern- und Lebensort mit dem populären Ruf nach der ganztägigen Schule endlich zum Durchbruch zu verhelfen.

Das kann ein viel versprechender Ansatz sein, denn von Rheinland-Pfalz und Bayern, weiter nach Sachsen-Anhalt und wieder zurück in den Westen nach Niedersachsen ist die längere und verlässliche Betreuung von Schülern schwer in Mode. Die Regierungschefs haben sich des Themas angenommen.

Die Grünen wären aber nicht die Grünen, wenn sie ihre Variante der ganztägig geöffneten Schule nicht noch mit einem i-Tüpfelchen versehen würden. Das heißt Qualitätsentwicklung und bedeutet, so Volkholz, „dass sich die Lehrer mit Eltern und Schülern hinsetzen und überlegen, wie sie ein hochwertiges pädagogisches Angebot auch für den Nachmittag entwickeln können“. Das passe zur aktuellen Debatte um selbstständigere Schulen und die Entwicklung von eigenen Schulprofilen, so Lomba.

Schade nur, dass die Grünen keinen Bildungsminister mehr aufzubieten haben, der das tolle Konzept auch umsetzen könnte. Mit Hamburgs Krista Sager ist die vorerst letzte grüne Kultusministerin gerade abgewählt worden. CHRISTIAN FÜLLER

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