Arbeitslose „fördern und fordern“

Job-Aqtiv-Gesetz im Bundestag beraten: Neue Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit sollen ab Januar greifen. Bessere Betreuung, aber auch mehr Verpflichtungen für Arbeitslose. Weitere Neuerungen für Mütter und Leiharbeiter. Union skeptisch

von BARBARA DRIBBUSCH

Arbeitslose sollen künftig schneller als bisher wieder eine Stelle finden – das ist das Ziel des neuen „Job-Aqtiv-Gesetzes“, das gestern in erster Lesung im Bundestag beraten wurde. Arbeits- und Sozialminister Walter Riester (SPD) erklärte, er wolle mit dem neuen Gesetz die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit „deutlich verkürzen“.

Kernstück des Gesetzentwurfs, der von den rot-grünen Regierungsfraktionen eingebracht wurde, ist eine neue „Eingliederungsvereinbarung“ zwischen Jobsuchenden und Arbeitsamt nach dem Motto „Fördern und Fordern“. Diese Eingliederungsvereinbarungen sollen vom kommenden Jahr an für Arbeitslose abgeschlossen werden, die sich neu erwerbslos melden.

Die Berater in den Arbeitsämtern gehen dabei künftig in zwei Schritten vor. In einem ersten Schritt wird ein so genanntes Profiling gemacht. Dabei bewertet der zuständige Berater die Jobchancen des Arbeitslosen. Kriterien bei der Bewertung sind unter anderem die Berufsausbildung, die zurückliegende Erwerbskarriere und das Lebensalter, schilderte Kurt Morchner, Direktor für den Bereich Arbeitsvermittlung in der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit (BA), der taz. Ergibt sich aus dem „Profiling“, dass der Arbeitslose nicht zügig in einen neuen Job vermittelt werden kann, wird eine „Eingliederungsvereinbarung“ abgeschlossen.

In dieser Vereinbarung sollen die kommenden Maßnahmen festgehalten werden, also die Eigenbewerbungen des Arbeitslosen, die Vermittlungsanstrengungen des Arbeitsamtes, ein Bewerbungstraining oder eine Fortbildung. Spätestens nach sechsmonatiger Arbeitslosigkeit wird der Erfolg dieser Pläne überprüft. Die Jobsuchenden müssen ihre Verpflichtungen, die sich aus dieser Vereinbarung ergeben, einhalten, andernfalls droht ihnen die Sperrung des Arbeitslosengeldes. Hat ein Jobloser während eines halben Jahres immer noch keine Stelle gefunden, so müssen die Berater künftig prüfen, ob nicht private Vermittler eingeschaltet werden.

Weitere Neuerungen im Gesetzentwurf: Ab dem Jahre 2003 bleiben Frauen im Mutterschutz und im Erziehungsurlaub auf Staatskosten arbeitslosenversichert, wenn sie schon unmittelbar vor dem Mutterschutz sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Die „Jobrotation“, die befristete Beschäftigung eines Arbeitslosen auf der Stelle eines Mitarbeiters in Fortbildung, wird bundesweit eingeführt. Zeitarbeiter können künftig bis zu 24 Monate lang in einem Entleihbetrieb arbeiten, bekommen dann aber vom 13. Monat an das Tarifgehalt dieses Entleihbetriebes.

Die gesetzlichen Neuregelungen werden den Bund im Jahr 2007 mit 290 Millionen Euro zusätzlich belasten, die Mehrbelastungen der BA werden für das Jahr 2007 mit 310 Millionen Euro angegeben. Durch die kürzere Dauer der Arbeitslosigkeit rechnet Sozialminster Riester jedoch mit Einsparungen der Bundesanstalt in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich.

Das Gesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig, soll schon im Spätherbst verabschiedet werden und am 1. Januar 2002 in Kraft treten.

Die Union äußerte sich gestern kritisch zur geplanten Reform. Sie lasse nur „bescheidene quantitative Erfolge erwarten“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Horst Seehofer.

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