: Inoffiziell ganz viele Details sondieren
■ Rechtsblock beginnt heute Koalitionsverhandlungen ohne Koalitionsverhandlungen
Schon der Anfang stimmt nicht. Heute nehmen in Hamburg CDU, FDP und Schill-Partei ihre Koalitionsverhandlungen für eine Senatsbildung auf – offiziell heißen sie aber Sondierungsgespräche. Denn nach den Planungen der FDP kann erst ein Parteitag am 8. Oktober darüber entscheiden, ob überhaupt und mit wem Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden.
Also verhandeln Bürgermeister-Kandidat Ole von Beust (CDU), der gnadenlose Richter Ronald Schill und FDP-Admiral Rudolf Lange samt ihren Delegationen eine Woche lang inoffiziell in der Erwartung, dass die Basis der Freien Demokraten schon nichts dagegen haben wird. Dem ersten ganztägigen „Sondierungsgespräch“ heute im Hotel Steigenberger soll am Mittwoch – dem Tag der Deutschen Einheit – die zweite Runde folgen. „Wir wollen schon vor den Koalitionsverhandlungen“, beteuert CDU-Fraktionssprecher Hein von Schassen treuherzig, „möglichst viele Details besprechen.“
Vor allem die CDU, die von Beust bereits am Donnerstag auf einem Kleinen Parteitag einstimmig beauftragte, eine Rechtskoalition zu bilden, hätte es gern schneller gehabt. Aber dessen „ehrgeiziges Ziel“, bereits zur konstituierenden Sitzung der Bürgerschaft am 10. Oktober den neuen Senat zu präsentieren, ist unrealistisch geworden. Seine Wahl zum Regierungs-chef und die Vereidigung seines Kabinetts in der Bürgerschaft dürften frühestens am 24. Oktober, wahrscheinlich jedoch erst am 14. November erfolgen, auf jeden Fall aber nach der Berlin-Wahl vom 21. Oktober. Denn auch hier bremst die FDP: Ein Bündnis mit Schill in Hamburg vor diesem Termin offiziell einzugehen, könnte in der Hauptstadt die FDP Stimmen kos-ten und eine eventuelle Ampel-Koalition mit SPD und Grünen unmöglich werden lassen.
Doch nicht nur die heimische FDP-Basis könnte für Probleme sorgen, auch in der Bundes-Partei mehren sich kritische Stimmen. Zwar hat Parteichef Guido Westerwelle, der auch im Bund mit den Sozialdemokraten liebäugelt, den Hamburgern offiziell freie Hand gegeben. Sein Stellvertreter Jürgen Möllemann bleibt jedoch skeptisch. Die FDP „kann nur mit CDU und Schill zusammenarbeiten, wenn der Koalitionsvertrag den Stempel “liberal“ trägt. Sonst gehen wir in die Opposition“, sagte er der Bild am Sonntag. Bayerns FDP-Vorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger meinte, die FDP dürfe nicht um jeden Preis nach der Macht streben. Bundesvorständler Helmut Haussmann warnte die Hanse-Liberalen davor, sich von Schill „eine illiberale Vereinbarung aufzwingen“ zu lassen. Zeichne sich die Gefahr ab, dass die Bundespartei beschädigt werde, „muss die Hamburger FDP in die Opposition gehen“, so der frühere FDP-Generalsekretär. Es ist kaum damit zu rechnen, dass der Hamburger Admiral auf den Ex-General hören wird. lno/smv
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