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Betr.: Hamburg-Wahl, taz hamburg, diverse Berichte

Dehnbar

Die Grünen haben echte Probleme einzusehen, dass unsere Gesellschaft auch „Kasten“ hat. Das merken sie leider erst dann, wenn den WählerInnen beim Stimmzettel die Hand „ausrutscht“. Wann gibt es denn noch Großdemonstrationen gegen die sozialen Verschlechterungen in Hamburg? - Außer den Demos: Hafengeburtstag, Marathon und Cyclassics? – Da hatten doch einst die Feuerwehrleute noch gegen die 50-Stunden-Woche demonstriert, Krankenschwestern gegen den Pflegenotstand. Wer nachts die Polizei für eine Schlichtung mit Protokoll benötigt, muss warten lernen. Eltern protestierten für bessere Kindergärten.

Der Begriff Sicherheit ist sehr dehnbar. Allerdings wächst die soziale Unsicherheit sehr real, so ist dies Thema geschickt zerrissen worden. Und was ist mit dem urgrünen Thema ÖPNV? Nach Urin stinkende U-Bahnhöfe, Abschaffung des Aufsichtspersonals durch Kameras. Wer hilft Obdachlosen mit warmen Räumen, statt sich in U- und S-Bahnen auszuschlafen?

Alle 4 Jahre darf die „Armut“ wählen gehen, nicht nur die feinen, beliebten Stadtteile Hamburgs. Auch die SPD hat keine Mehrheit als die „soziale“ Partei erhalten, die christlichen Demokraten auch nicht. Jochim Geier

Kriminell?

Seit fünf Jahren ist der Mitternachtsbus jeden Abend in der Hamburger City unterwegs. Wir unterstützen Menschen, die bei jedem Wetter kein eigenes Bett zum Schlafen haben. Bettler und Obdachlose sind Menschen in Not. Wir haben bisher niemanden kennen gelernt, der diese Lebensform freiwillig gewählt hat. Wir sehen es als unsere Aufgabe, diese Menschen zu begleiten und ihnen beizustehen. Obdachlosigkeit, Armut, Ausgrenzung, Einsamkeit und Verzweiflung ist nicht ein Problem weniger. In der Zusammenarbeit mit anderen Hilfe-Einrichtungen ist es unser Ziel, die Situation von obdachlosen Menschen zu verbessern. Wir werden unsere Arbeit mit dem Mitternachtsbus auch in Zukunft fortsetzen! Durch eine Vertreibung der Obdachlosen aus der Innenstadt würde keines dieser Probleme gelöst. Wir bitten auch weiter um Unterstützung für unsere Arbeit. Der Mitternachtsbus,

i.A. Silke Boehncke

Selbstzufrieden

Der Ausgang der Hamburger Wahlen hat viel mit der Hamburger Presselandschaft zu tun. Nicht nur weil die Springer-Medien CDU- und Schill-Inhalte hochgeschrieben haben und Rot-Grün kaum vorkam. Auch die taz hat aus meiner Sicht (die von vielen mir bekannten taz-Lesern geteilt wird) in zahlreichen Artikeln versucht, vorrangig den Regenbogen zu stützen. Und dies, obwohl seit längerem klar war, dass diese Partei den Einzug in die Bürgerschaft nicht schafft, aber der Anti-Schill-Koalition Stimmen wegnimmt.

Dies fängt an mit einer Berichterstattung, die Regenbogen-Veranstaltungen einen völlig überproportionalen Raum einräumt, diese Partei auch ansonsten weitgehend unkritisch sieht und endet mit einem längeren „Jubelartikel“ von H. Haarhoff eine Woche vor der Wahl. Wenn jemand nur eure Berichterstattung las, blieb für bisherige Rot/Grün-Wähler außer Regenbogen nur Stimmenthaltung oder Resig-nation.

Die taz-Leserin K. hat daher völlig Recht. Man kann ja bei dem Regenbogen alles gut finden und die GAL (und SPD) fast nur kritisch sehen. Aber man ahnt schon die vielen Krokodilstränen über Herrn Schill und Konsorten, die in der taz in der nächsten Zeit vergossen werden, ohne die eigene Verantwortung zu benennen.

Da „Selbstzufriedenheit“ (lt. taz hamburg vom 29.9.) ja nicht eure Sache ist, gehe ich davon aus, dass dieser Leserbrief abgedruckt wird.

Chris Moermann

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