Imam made in Germany

Ausländerbeauftrage und Experte fordern Professur für islamische Theologie in Hamburg und kritisieren Verfassungsschutz  ■ Von Heike Dierbach

Die Terroranschläge in den USA haben nicht nur die MuslimInnen in Deutschland unter öffentlichen Druck gebracht. „Die Diskussion hat auch gezeigt, wie wenig Wissen über den Islam hier vorhanden ist und wie stark Muslime marginalisiert sind“, sagt die Hamburger Ausländerbeauftragte Ursula Neumann. Sie forderte gestern gemeinsam mit Professor Udo Steinbach vom Deutschen Orientinstitut in Hamburg, diese „Blockaden“ aufzulösen. Dabei übten sie auch Kritik am Hamburger Verfassungsschutz und dessen Einschätzung der islamistischen Szene.

„Das Thema ist kein rein ausländerpolitisches“, betont Neumann: Von den rund 170.000 MuslimInnen in Hamburg sind 30.000 Deutsche. Die deutsche Gesellschaft aber tue sich schwer mit dieser Religion. So gibt es hier beispielsweise keine Professur für islamische Theologie. Die Folge: Die Moscheen in Hamburg sind gezwungen, ihre Seelsorger zu „importieren“. Diese wissen aber wenig über die Aufgaben in der deutschen Einwanderungsgesellschaft, „das wird auch von den islamischen Gemeinschaften beklagt“, sagt Neumann. Sie fordert deshalb die Einrichtung einer entsprechenden Professur an der Hamburger Uni, die dafür auch schon Bereitschaft signalisiert habe. Die Lehre müsste aber die verschiedenen Strömungen des Islam integrieren.

Denn der Islam ist eben nicht, wie das Christentum, in großen Kirchen organisiert, in denen der Gläubige Mitglied werden kann – der Islam ist etwas Individuelles, erläutert Steinbach. Gläubige schließen sich zu Vereinen zusammen, diese betreiben dann eine Moschee. Aufgrund dieser Organisationsform haben die Hamburger MuslimInnen keine „automatische“ öffentliche Vertretung ihrer Interessen, wie BischöfInnen sie für die ChristInnen wahrnehmen. Sie sind auch nicht, wie christliche und jüdische Gemeinden, Körperschaften des öffentlichen Rechtes. Viele Vereine hätten aber entsprechende Anträge gestellt, sagt Neumann: „Die sollten so schnell wie möglich positiv beschieden werden.“

Denn von Seiten der MuslimInnen gibt es erste Schritte. Steinbach und Neumann begrüßen Initiativen wie die „Schura“, eine Vertretung von zwar nicht allen, aber immerhin 48 muslimischen Vereinen und Gemeinden in Hamburg. Neue Impulse kommen nach Steinbachs Ansicht vor allem von den jungen MuslimInnen, die sich von der „alten Garde“ in den Herkunftsländern emanzipieren: „Diese Vernünftigen muss man stärken.“ Denn bisher lebten die Jungen hier oft mit dem Gefühl: „Die mögen uns eigentlich nicht.“

„Beweis“ dafür ist vielen MuslimInnen, dass ein Teil ihrer Vereine vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Dessen Berichte, kritisiert Steinbach, „sind in vielen Punkten schlicht falsch“, weil sie verallgemeinern und eben gerade die neuen demokratischen Strömungen nicht registrieren. „Versuche, mit dem Hamburger Verfassungsschutz da-rüber zu sprechen“, sagt Neumann, „sind leider gescheitert.“